Mona Lisa – Keyvisual

Mona Lisa

Die Mona Lisa ist ein Gemälde von Leonardo da Vinci, das er um 1503 begann und an dem er bis zu seinem Tod im Jahr 1519 gearbeitet hat. Es zeigt eine mysteriös lächelnde Frau, die als Mona Lisa bekannt ist. Die Identität der Mona Lisa ist ungeklärt, doch geht die Mehrheit der Forscher davon aus, dass es sich um Lisa del Giocondo handelt. Die Mona Lisa gilt als das bekannteste und berühmteste Kunstwerk der Welt und wird oft als Inbegriff der Renaissance-Kunst betrachtet. Das Porträt wird in Italien La Gioconda genannt (‚die Heitere‘) und in Frankreich La Joconde (vom italienischen 'Gioconda'). Das Gemälde befindet sich heute im Pariser Louvre.

Steckbrief

Gemälde
Maler Leonardo da Vinci
Entstehungsjahr 1503-1519
Epoche Renaissance
Genre Porträtmalerei
Technik Öl auf Pappelholz (Sfumato Technik)
Maße 53 × 77cm
Ausstellungsort Louvre Museum, Paris (Saal 711/ Salle des Ètats)
Eigentümer französischer Staat
Wert über 1 Milliarde Dollar (geschätzt), gilt als wertvollstes Gemälde der Welt, ist jedoch unverkäuflich
Lisa del Giocondo
Geburtsname Lisa di Noldo Gherardini
Geboren 15.6.1479
Sternzeichen Zwilling
Nationalität Italienerin (Republik Florenz)
Sozialer Status Adelig
Wohnort Florenz
Eltern Antonmaria Gherardini (Grundbesitzer) und Lucrezia del Caccia
Geschwister 3 Brüder, 3 Schwestern
Ehemann Francesco del Giocondo (vermögender Tuchhändler)
Nachkommen 5 Kinder
Verstorben 15.7.1542, im Alter von 63 Jahren
Sterbeort Kloser der Heiligen Ursula, Florenz

Warum ist die Mona Lisa so berühmt?

Die Mona Lisa bildet den Abschluss einer dreiteiligen Porträtserie Leonardos und demonstriert seine Maltechnik in Vollendung. Viele Menschen sind von der Schönheit und Anmut der Mona Lisa fasziniert und betrachten sie als ein Meisterwerk der Kunst. Das überaus lebendig erscheinende Gemälde ist berühmt für die subtilen Emotionen, die es vermittelt und zeigt zahlreiche Verweise auf Leonardos Gedankenwelt, geometrische Symbolik, Doppelbilder und ist darüber hinaus handwerklich exzellent gemalt. Mona Lisas berühmtes Lächeln scheint etwas Geheimnisvolles zu verbergen und fast wirkt es, als würde sie auf die Betrachtenden reagieren. Vor Leonardos Mona Lisa hat es kein Porträt gegeben, dass eine derartige Interaktion erreichte. Das Porträt beweist, dass Maler in einem Augenblick erschaffen können, wofür Dichter tausende von Worten brauchen. Das zeitlose Porträt ist demnach eine visuelle Dichtung und zeigt die Mona Lisa als eine gebildete Mutter auf dem Planeten Erde.

Die Mona Lisa ist auch berühmt, weil sie eines der am meisten untersuchten und analysierten Gemälde der Welt ist. Es gibt viele Theorien darüber, wer die Frau auf dem Gemälde ist und warum sie lächelt, und so sind im Laufe der Jahre viele Mythen und Legenden um das Gemälde entstanden. All dies hat dazu beigetragen, dass die Mona Lisa zu einem der bekanntesten Kunstwerke der Welt geworden ist.

Wer war die Mona Lisa?

Das Porträt zeigte ursprünglich eine Dame aus Florenz, vermutlich Mona Lisa del Giocondo, geborene Lisa Gherardini. Mona, oder auch Monna ist kein Vorname, sondern die altitalienische Abkürzung der Anrede Madonna ('Meine Dame'). Mit einer seltenen Erlaubnis des Louvre untersuchte zwischen 2004 und 2015 der Physiker Pascal Cotte das wertvolle Gemälde. Er konnte in einem neuartigen Verfahren nachweisen, dass die heutige Mona Lisa die Übermalung eines sich darunter befindlichen Porträts ist, dass dem heutigen zwar ähnelt, das sich im Gesicht aber stark von der heutigen Mona Lisa unterscheidet. So konnte gezeigt werden, dass Leonardo das ursprüngliche Porträt der Lisa del Giocondo über viele Jahre hinweg so lange verändert hat, bis eine idealisierte Frauenfigur entstand. Die heutige Version zeigt mit hoher Wahrscheinlichkeit keine reale Person.

War die Mona Lisa krank, als sie gemalt wurde?

Die Mona Lisa zeigt drei Symptome von Erkrankungen. Zum einen hat sie einen gelben Fleck zwischen Nasenbein und ihrem linkem Auge. Zum anderen ist auf ihrer rechten Hand eine Beule zu erkennen. Außerdem fehlen der Mona Lisa die Augenbrauen. Da Leonardo durch seine anatomischen Studien sehr weitreichende Kenntnisse über menschliche Körper und ihre Erkrankungen hatte, er zudem als der beste Maler aller Zeiten gilt und die heutige Mona Lisa vermutlich keine reale Person zeigt, muss Leonardo sich diese Symptome erdacht haben. Ihre heute gelblich schimmernde Haut hingegen wurde von Leonardo ursprünglich nicht so gemalt. Vielmehr hat sich über die Jahrhunderte das Gemälde leicht verfärbt.

Die verschiedenen Perspektiven der Mona Lisa

Eine der vielen Besonderheiten des Gemäldes sind die mehrfachen Perspektiven. Obwohl die Mona Lisa von vorn gezeigt wird, ist der Hintergrund des Gemäldes aus anderen Blickwinkeln gemalt worden. Mehrfache Perspektiven zur gleichen Zeit sind in der Realität jedoch unmöglich und daher kann das Bild unmöglich eine reale Szene zeigen.

Leonardo verwendete für die Darstellung der Mauer die Zentralperspektive. Die Kanten der Säulenfüße können zu Fluchtlinien verlängert werden. Sie schneiden sich im Mittelscheitel der Mona Lisa, dem Fluchtpunkt. Durch diesen verläuft damit die erste Horizontlinie
Ein zweiter Horizont ist in der nebeligen Struktur im Hintergrund auszumachen, den Leonardo durch horizontale hellblaue Linien andeutet. Während die so entstehende Horizontlinie links absolut waagerecht ist, ist sie auf der rechten Seite leicht geneigt
Das Blau im Hintergrund grenzt sich scharf von den Erdtönen darunter ab. Die Abgrenzung erfolgt in einer kreisrunden, an die Erdkrümmung erinnernden Form, die den dritten Horizont bildet
Mona Lisa, Kompositionsskizze (Zur Verdeutlichung wurden die quaderförmigen Säulenfüße an den Bildrändern nach oben hin verlängert)
Die Kanten der Säulenfüße auf der Mauer dienen als Fluchtlinien. Sie treffen im Fluchtpunkt aufeinander, der genau im Mittelscheitel der Mona Lisa liegt (grüne Linien). Die Skizze zeigt deutlich, dass die Architektur der Loggia von oben betrachtet wird, als würde sich der betrachtende Blick im Stehen auf die Mauer richten. Das steht jedoch im Widerspruch zur Darstellung der Mona Lisa, die frontal gezeigt wird
Mona Lisa, Kompositionsskizze
Die durch die nebelige Struktur im Hintergrund erkennbare zweite Horizontlinie liegt tiefer als die der Zentralperspektive. Das bedeutet, dass die Horizontlinie jetzt von einem höheren Standpunkt aus betrachtet wird
Mona Lisa, Kompositionsskizze
Die kreisrunde dritte Horizontlinie liegt am tiefsten. Ein derartig gekrümmter Erdhorizont ist nur durch einen Blick aus sehr großer Höhe zu erklären, z.b. von einem Stratosphärenballon oder einer Raumstation.
Nacheinander betrachtet erinnern die drei Perspektiven an eine filmische Aufwärtsbewegung, die in einem Raum beginnt und weit oben im Himmel endet

Verwendete Leonardo den goldenen Schnitt?

Der Goldene Schnitt ist ein bestimmtes Teilungsverhältnis einer Strecke, bei dem der kleinere Teil zum größeren im selben Verhältnis steht, wie der Größere Teil zum Ganzen. Für eine Strecke der Länge 1 ist dies bei ~0,618 der Fall. Für die Teilung einer Strecke im goldenen Schnitt ist Wissen um die Geometrie notwendig. Daher galt der goldene Schnitt und sich daraus ergebene Formen, wie das regelmäßige Fünfeck (Pentagramm und Pentagon), lange Zeit als Geheimzeichen. Leonardo da Vincis Gemälde sind in ihrer Komposition sehr harmonisch angelegt. Um diese Harmonie zu erreichen, verwendete er stets die aus der klassischen Geometrie bekannten Teilungsverhältnisse, Winkel und Formen. Unter anderem lässt sich der der goldene Schnitt, das bekannteste der klassischen Teilungsverhältnisse, in der Mona Lisa aufzeigen.

Mona Lisa, ungenau dargestellter goldener Schnitt
Die Skizze wird oft herangezogen, um das Auge der Mona Lisa mit dem goldenen Schnitt in Verbindung zu bringen. Die Strecken KM und ML sollen dabei die zwei oberen Seiten eines Pentagons bilden, die darauf aufsetzenden Dreiecke EKM und DML zwei der fünf Zacken eines Pentagramms. Dann würden KD und KM im Verhältnis des goldenen Schnitts stehen. Doch die Skizze ist fehlerhaft. Die Winkel sind ungenau und mit zu breitem Strich gezeichnet. Sie weichen um 0,5° bzw. 1,5° von den korrekten Winkeln ab
Werden die Winkel dagegen mit Genauigkeit eingezeichnet, wird der Unterschied zur linken Skizze schnell klar
Die Linien EL und KD (blau/orange) schneiden sich nun nicht mehr genau im Auge. Ebenso führen die Linien CA und CB nicht mehr genau zum Bildrand. Auch treffen sich KF und FL nicht mehr in der Mitte des unteren Bildrands. Das Gemälde wurde auch nicht links und rechts oder nach unten hin beschnitten, wie der Physiker Pascal Cotte in Zusammenarbeit mit dem Louvre 2005 nachweisen konnte
Mona Lisa, korrekt eingezeichneter goldener Schnitt
Tatsächlich ist das rechte Auge der Mona Lisa hinsichtlich der Bildkomposition von Bedeutung. Die Iris des Auges befindet sich vertikal genau in der Bildmitte (rote Linie). Wird das Gemälde der Höhe nach im goldenen Schnitt geteilt, befinden sich beide Säulenfüße genau auf dieser Höhe (linker Streifen). Wird die so entstandene größere Teilstrecke erneut im goldenen Schnitt geteilt (stetige Teilung, rechter Streifen), führt der neue goldene Schnitt genau durch Mona Lisas Augen

Verfolgt Mona Lisas Blick die Betrachtenden?

Viele, die das Porträt betrachten, haben das Gefühl, dass der Blick der Mona Lisa ihnen folgt. Doch bei näherer Betrachtung der Augen schaut die Mona Lisa nicht direkt nach vorn, sondern leicht rechts an ihnen vorbei. Grundsätzlich wird die Blickrichtung des Auges von der Position der Regenbogenhaut und der Pupille bestimmt. Befinden sie sich am rechten Augrand schaut eine Person rechts an Betrachtenden vorbei, analog wenn sie sich am linken Augrand befinden. Nur wenn sich die Regenbogenhaut mittig vorn am kugelrunden Augapfel befindet, schaut die Person direkt nach vorn und damit auf Betrachtende.

Leonardo da Vincis Mona Lisa – Detail des Gesichts
Um die Blickrichtung der Mona Lisa zu verändern, spielt Leonardo mit der menschlichen Wahrnehmung. Zunächst hat er die Regenbogenhaut und die Pupillen im Verhältnis zur Größe der Augen etwas zu klein gemalt, was vor allem auf der rechten Seite deutlich wird. Das gleiche gilt für die Augen, die im Vergleich zum Kopf etwas zu klein sind. Bei beiden Augen ist klar zu erkennen, dass die Regenbogenhaut sich nicht mittig auf dem gedachten Augapfel befindet, sondern leicht nach rechts verschoben ist. Die Mona Lisa schaut also rechts an Betrachtenden vorbei. Für die eigentliche optische Täuschung umgab Leonardo die Augen mit einer unnatürlich starken Schattierung, im Speziellen die braune Regenbogenhaut, jeweils auf der rechten Seite.
Mona Lisa – Leonardo da Vinci
Von um so weiter weg nun das Gemälde betrachtet wird, um so weniger kann das menschliche Auge die Helligkeitsunterschiede in dem Bereich erkennen. Die menschliche Wahrnehmung setzt den umgebenden Schatten mit der Regenbogenhaut zu einer neuen, größeren Regenbogenhaut zusammen. Dadurch verändert sich mit zunehmender Entfernung der Eindruck von der Größe der Regenbogenhaut und auch des Auges, das erst jetzt in einer natürlichen Größe erscheint. Da die Regenbogenhaut nun mittig auf dem Augapfel zu sitzen scheint, haben Betrachtende das Gefühl sie würden direkt von der Mona Lisa betrachtet, obwohl sie tatsächlich rechts an ihnen vorbeischaut.

Das Lächeln der Mona Lisa

Das Lächeln der Mona Lisa ist der kunsthistorisch meist untersuchte Gegenstand des Gemäldes. Es ist bereits bis hierhin deutlich geworden, dass Leonardo viele verschiedene Aspekte in zahlreichen Details zu einem wundervollen Gemälde verdichtet hat. Mona Lisas Lächeln ist dabei nur ein weiteres – wenn auch das bekannteste – dieser Details. Es ändert je nach Kontext und Kenntnisstand der Betrachtenden seine Bedeutung und kann daher nicht eindeutig interpretiert werden. Klarer hingegen ist der optische Trick den Leonardo dabei anwendete.

Grundsätzlich ist ein Lächeln um so intensiver, um so mehr die Mundwinkel nach oben gezogen werden. Für Mona Lisas Lächeln verwendete Leonardo denselben optischen Trick, den er bereits bei ihren Augen zeigte. Er setzte um die Mundwinkel herum starke Schattierungen, die die eigentlichen Konturen der Mundwinkel bei zunehmender Entfernung verschwimmen lassen. Außerdem betont Leonardo links und rechts oberhalb des Mundes mit sehr weichen Schatten die beiden Mundmuskel, die hauptverantwortlich für das Anheben der Mundwinkel sind ('Jochbeinmuskel'). Obwohl beide Muskeln in etwa gleich stark angespannt erscheinen, ist der rechte Mundwinkel höher als der linke
Mona Lisa – Leonardo da Vinci
Die genaue Position der Mundwinkel wird mit zunehmender Entfernung immer unklarer. Der Schatten um den rechten Jochbeinmuskel wird von der menschlichen Wahrnehmung immer mehr zu einer Verlängerung der Mundlinie ergänzt. Daher scheint sich der rechte Mundwinkel mit zunehmender Entfernung zu heben, wodurch Mona Lisas eigentlich nur leichtes Lächeln immer intensiver wird.
Statt physisch die Entfernung zum Bild zu erhöhen, können betrachtende Augen ebenfalls den Fokus verändern, z.B. indem sie abwechselnd Lisas Kopf im Ganzen und dann nur ihren Mund betrachten.

Mona Lisas Anagramm

Ein Anagramm ist ein Wort, das durch Vertauschen der Buchstabenreihenfolge des Ursprungsworts entsteht. So lässt sich aus Mona Lisa das Anagramm "Mon Salai" bilden (frz. 'Mein Salai'). Salai war ein langjähriger Mitarbeiter von Leonardos Werkstatt. Ebenso ist möglich "Mon Alias" (frz. 'Mein Pseudonym') oder "Nom Alias" (frz. 'Aliasname'). Daher kommt die Legende, das Porträt zeige eventuell Salai oder sogar Leonardo selbst

Diebstahl und Vandalismus

  • Das Gemälde wurde im Jahr 1911 gestohlen und blieb zwei Jahre verschollen. 1913 wurde der Dieb gefasst und die Mona Lisa kam zurück in den Louvre. Zeitweise wurde der Maler Picasso verdächtigt, den Diebstahl beauftragt zu haben
  • Das Gemälde ist immer wieder Ziel von Attacken. Es wurde in dieser Reihenfolge bereits mit einem Stein beworfen, mit Säure überschüttet, eine Nacht lang von einer Sprinkleranlage beregnet und mit einer Torte beschmiert. Seit der Säureattacke befindet es sich hinter Panzerglas

Die Malerei zerfällt in zwei Hauptteile. Deren erster ist die Form, das heißt die Linie, welche die Form der Körper und ihrer Einzelheiten abgrenzt. Der zweite ist die Farbe, die innerhalb dieser Grenzen enthalten ist.

Leonardo da Vinci aus Codex Urbinas ('Traktat über die Malerei')
Mona Lisa – Leonardo da Vinci

Leonardo da Vincis Gemälde können nicht ohne Untersuchung der Bildgeometrie verstanden werden

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Ungerahmte Version des Gemäldes vor schwarzem Grund, die der Louvre zur Verfügung stellt. An den Rändern ist deutlich zu erkennen, dass Leonardo nicht die gesamte Holztafel bemalte. Der für diese Analyse verwendete Ausschnitt wird durch einen weißen Rand gekennzeichnet (Mouseover/ Tap)

I

Das Gemälde zeigt die Szene in mehreren Perspektiven. Die Porträtierte, die Mauer und die Landschaft haben jeweils eigene Horizontlinien. Dadurch werden eigentlich drei Bildräume dargestellt

II

Das Gemälde ist im Seitenverhältnis von 2:3 angelegt. Dadurch lässt es sich in sechs gleich große Quadrate einteilen. Die Mittelsenkrechte verläuft wie bei der Belle Ferroniere durch das linke Auge der Dargestellten

III

Das gewaltige Blau auf der rechten Seite lässt an eine Flutwelle denken. Die Brücke ist im 5° Winkel geneigt (blaue Linie), der Bahnneigung des Mondes. Der Mond verursacht Ebbe und Flut.

IV

Die Landschaft auf der linken Seite hat einen gänzlich anderen Charakter als auf der rechten. Interessant ist das Doppelbild vom Kopf eines alten Mannes in den Haaren der Mona Lisa, der auf den Säulenfuß am linken Bildrand blickt (Mouseover)

V

Der Freiraum zwischen den ersten beiden Stützsäulen der Stuhllehne befindet sich exakt in der Bildmitte und wirkt wie der Eingang eines architektonischen Konstrukts. Die orangenen Linien zeigen den Goldenen Schnitt des Porträts bezogen auf seine Höhe (Teilung nur von oben) und seine Breite (Teilung von links und rechts)

VI

Das Porträt der Mona Lisa kann der Höhe nach stetig im Goldenen Schnitt geteilt werden. Dadurch sind alle markanten Punkte des Porträts oberhalb der Mauer durch den Goldenen Schnitt verbunden: Säulenfüße, Augen, Kopfende, Kopfschleier, Nase, Mund und Schulter (Mouseover/Tap)

VII

Es bestehen zahlreiche geometrische Beziehungen markanter Punkte und Linien im Gemälde. Allen entstandenen Dreiecken ist gemein, dass ihre oberen Winkel symbolische Winkel sind und sich nach unten hin vergrößern (60°,72°,75° und 90°)

VIII

Ein finaler 120° Winkel bildet das Dach einer architektonischen Struktur im unteren Teil des Gemäldes. Die Spitze des Daches ist der Mittelpunkt eines gleichseitigen Dreiecks mit der Spitze exakt im linken Auge der Mona Lisa

IX

45° Winkel der Finger formen eine geometrische Krabbe (rote Flächen). Das untere Dreieck lässt sich zum oberen Bildrand verschieben. Von dessen Basis führt ein 45° Winkel zum linken und rechten unteren Bildrand (gelbe Linie). Die Eleganz des geometrischen Entwurfs wird bei Mouseover deutlich

x

Mona Lisa

Leonardo da Vinci
1503-1519
Öl auf Holz (Pappel)
53 x 77 cm
Paris, Musée du Louvre

Wer war die Mona Lisa?

Die Identität der Mona Lisa konnte bis heute nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Doch geht die Mehrheit der Forscher davon aus, dass es sich um Lisa del Gicondo handelt, geborene Lisa Gherardini.

Was die Identifizierung der Mona Lisa so schwer macht, ist die Tatsache, dass zu dem Porträt keine Auftragsdokumente, Verträge, Rechnungen oder ähnliches existieren. Leonardo da Vinci hat das Gemälde weder in seinen Aufzeichnungen erwähnt, noch gibt es eindeutige Beschreibungen von Zeitzeugen.

Theorie I – Lisa del Giocondo

Die Mehrheit der Leonardo Forscher hält die Dargestellte für Lisa del Giocondo. Es werden nun alle Argumente aufgeführt, die diese These unterstützen.

Die Heidelberger Notiz

Dass Leonardo an dem Porträt einer Lisa del Giocondo arbeitete, wird durch eine 2005 publizierte Quelle belegt.

Im Heidelberger Universitätsarchiv wurde ein Buch über den antiken Politiker und Schriftsteller Cicero gefunden, das 1477 gedruckt wurde (Signatur D 7620 qt. INC). Es konnte nachgewiesen werden, dass das Buch einem Agostino Vespucci gehörte. Vespucci war ein Schreiber und enger Mitarbeiter des berühmten Florentiner Politikers Niccolo Macchiavelli. Macchiavelli unterstützte Leonardo zu der Zeit mit Aufträgen der Florentiner Stadtregierung. Vermutlich auf sein Betreiben gelangte Leonardo an den Auftrag für das riesige Wandgemälde "Schlacht von Anghiari". Vespucci übersetzte zu diesem Zweck eine noch heute erhaltene Schilderung der Schlacht aus dem Lateinischen und übergab sie Leonardo. Vespucci und Leonardo kannten sich also gut, was die Glaubwürdigkeit der Quelle erhöht.

Agostino Vespucci hat in dem Buch eine kurze handschriftliche Notiz hinterlassen, in der er Leonardos Malerei lobt und erwähnt, dass dieser zur Zeit an einem Porträt der Lisa del Giocondo arbeitet. Außerdem bestätigt die Notiz die Arbeiten Leonardos an den Gemälden "Anna Selbdritt" und "Schlacht von Anghiari" für den Ratssaal des Palazzo Vecchio. Diese Notiz gilt als wichtiges Dokument zur Entstehungsgeschichte der Mona Lisa, auch wenn die Echtheit der Notiz kaum nachweisbar ist.

Agostino Vespucci – Notiz über Leonardos Arbeit an der Mona Lisa
Die Heidelberger Notiz, an dieser Stelle wird der antike Maler Appeles durch Cicero erwähnt. Die handschriftliche Notiz rechts nimmt darauf Bezug. Sie lautet übersetzt: "Der Maler Apelles. So macht es Leonardo da Vinci in allen seinen Gemälden, wie z. B. dem Antlitz der Lisa del Giocondo und der Anna, der Mutter der Jungfrau. Wir werden sehen, was er bezüglich des großen Ratssaales machen wird, worüber er sich gerade mit dem Gonfaloniere geeinigt hat. Oktober 1503."

Die Erwähnung der Mona Lisa durch Vasari

Vasari ist neben der Heidelberger Notiz die zweite Quelle, die Leonardo mit der "Mona Lisa", der Frau von Francesco del Giocondo in Verbindung bringt. Vasari war in Florenz ein berühmter Architekt und Maler. Er gilt durch seine Künstlerbiografien als der erste Kunsthistoriker. Vasari veröffentlichte die Biografien 1550, also etwa 30 Jahre nach Leonardos Tod.

„Auch begann Leonardo für Francesco del Giocondo das Bildnis der Mona Lisa, seiner Frau, zu malen. Vier Jahre Mühe wandte er dabei auf, dann ließ er es unvollendet, und es befindet sich jetzt zu Fontainebleau im Besitz des Königs Franz von Frankreich.“

Mona ist dabei eine altitalienische Kurzform der Anrede Madonna (ital. 'Meine Dame'). Vasari machte noch weitere Angaben zu dem Porträt, die allerdings zu allgemein sind, als dass sie eindeutig die heutige Mona Lisa beschreiben. Dennoch macht seine Angabe ein Porträt der "Mona Lisa" del Giocondo durch Leonardo da Vinci sehr wahrscheinlich.

Die Historiker Kemp und Zöllner haben nachweisen können, dass Vasari mit zwei Vettern von Francesco del Giocondo bekannt gewesen ist. Es ist daher gut möglich, dass Vasari das ältere Ehepaar del Giocondo noch persönlich kennenlernen konnte, denn Lisa del Giocondo lebte bis 1542. Außerdem wuchs Vasari in der Obhut der Medici Familie auf und wurde zusammen mit deren Kindern ausgebildet. Die Medicis waren in Florenz bestens vernetzt und zudem gut mit Leonardo bekannt. Es ist daher wahrscheinlich, das Vasari genau wusste, dass Leonardo ein Porträt der Lisa del Giocondo anfertigte.

Gab es eine Mona Lisa?

Historisch nachgewiesen ist die Florentiner Adelige Lisa di Antonmaria Noldo Gherardini.

Die Familie Gherardini war eine alteingesessene Florentiner Familie. Von dem einst enormen Landbesitz war jedoch ein Großteil durch politische Fehlentscheidungen verlorengegangen. Ihre Stammburg wurde um 1300 bis auf die Grundmauern zerstört. Dennoch waren sie nicht verarmt, denn sie bezogen daraufhin mit der Villa Gherardini ein schlossähnliches Weingut, dass sie in den folgenden Jahrhunderten stetig zum Familiensitz ausbauten.

Die etwa 20km südöstlich von Florenz gelegene Villa (Region Chianti) ist heute als Villa Vignamaggio bekannt und eine beliebte Touristenattraktion. Sie beherbergt ein Restaurant ('Monna Lisa') und es finden dort Weinverkostungen und Hochzeiten statt. Möglicherweise hat Leonardo eine Loggia der Villa als Vorlage für das Porträt der Mona Lisa genutzt, das würde den Ursprung der Säulen am Rand des Gemäldes erklären. Jedoch ist aus keinem der Fenster der Villa eine Landschaft zu entdecken, wie sie im Gemälde der Mona Lisa dargestellt wird.

Die Gherardinis blieben trotz der politischen Rückschläge einflussreich und unterhielten enge Kontakte mit den wichtigsten Familien von Florenz. So hatte Lisas Vater Antonmaria Gherardini mit Camilla eine Tochter aus der einflussreichen Familie Ruccelai geheiratet. Die Ruccelai wiederum waren durch Heirat mit der Familie Medici verbunden. Lisas Vater Antonmaria war wohlhabend und besaß ein zentral gelegenes Stadthaus in Florenz und ein Landgut in San Donato in Poggio, in der Gegend der Villa Gherardini.

Lisa Gherardini wurde 1479 geboren. Als sie sechszehn Jahre alt war, heiratete sie 1495 Francesco del Giocondo, einen reichen Stoffhändler, der ebenfalls aus Florenz stammte. Der 30-jährige Francesco war zuvor mit der Schwester von Lisas Stiefmutter Camilla verheiratet, die jedoch jung verstarb. Er und Lisa bekamen sechs Kinder, eine Tochter starb 1499 kurz nach der Geburt.

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 12.12.1502, bezogen sie im März 1503 ein Stadthaus in der Via della Stufa in Florenz. Das Haus lag in unmittelbarer Nachbarschaft des Medici Palastes und demonstriert den wirtschaftlichen Erfolg Francescos. Weil ein solcher Umzug damals ein typischer Grund für die Beauftragung eines Porträts war, nehmen die meisten Forscher an, dass das Porträt der Mona Lisa um 1503 begonnen wurde. Da Leonardos Vater den Francesco del Giocondo nachweislich kannte, ist es wahrscheinlich, das er den Auftrag an Leonardo vermittelte.

Zur damaligen Zeit war es für reiche Stadtleute üblich, sich in den heißen Sommermonaten auf das Land zurückzuziehen. So besaßen auch die del Giocondos mit der Villa Antinori ein prächtiges Anwesen am Stadtrand von Florenz. Auch dieses Gebäude kommt für Leonardos Bildidee der Mona Lisa in Frage.

Die Mona Lisa als Geliebte von Giuliano de Medici

Dennoch könnte das Gemälde tatsächlich von Giuliano de Medici in Auftrag gegeben worden sein. Als Leonardo in seinen letzten drei Lebensjahren am französischen Königshof in Amboise lebte wurde er 1517 von einer Delegation des Kardinals Luigi d’Aragona besucht. Sein Schreiber Antonio de Beatis fertigte davon einen Bericht an. Es ist der letzte Augenzeugenbericht aus Leonardos Werkstatt.

„In einem der Bezirke gingen mein Herr und der Rest von uns zu dem Florentiner Leonardo Vinci, mehr als 70 Jahre alt [Hier irrt der Schreiber, Leonardo war zu dem Zeitpunkt erst 65 jahre alt], einem hervorragenden Maler unserer Zeit, der seiner illustren Lordschaft drei Gemälde zeigte: eines von einer gewissen Florentinerin, ein sehr schönes Gemälde, das auf Wunsch des Magnifico Giuliano de Medici angefertigt wurde, das andere von einem jungen Johannes dem Täufer und eines von der Madonna und ihrem Sohn, die in den Schoß der Heiligen Anna gelegt werden, alles sehr perfekt, …“

Mit der "gewissen Florentinerin" ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Mona Lisa gemeint. Lisa Gherardinis Familie war über Heirat entfernt mit den Medici verbunden. Die Florentiner Jugendlichen Giuliano de Medici und Lisa Gherardini waren im selben Alter und wuchsen in enger Nachbarschaft auf. Es ist aufgrund der familiären Verbindung sehr wahrscheinlich, dass beide sich kannten. Es wird spekuliert, dass sich Giuliano in Lisa verliebte.

Die Medicis aber wurden 1494 aus Florenz vertrieben und durften erst 1512 wieder zurückkehren. Auch der 15-jährige Giuliano musste so die Stadt verlassen und war für viele Jahre am Hof des Herzogs von Urbino im Exil. Ein Jahr nach der Flucht der Medicis heiratete Lisa Gherardini den reichen Händler Francesco del Giocondo.

Leonardo da Vinci war zu dieser Zeit am Mailänder Hof und kehrte erst 1503 wieder für einige Jahre nach Florenz zurück. Der These nach soll der im Exil lebende Giuliano de' Medici Leonardo gebeten haben, aus sentimentalen Gründen ein Porträt der nunmehr verheirateten Lisa del Giocondo anzufertigen. Das würde erklären, warum sich das Gemälde nie im Besitz der del Giocondos befand.

Giuliano de Medici war der Bruder des späteren Papstes Leo X. Auf seinen Wunsch hin ging Leonardo 1513 nach Rom. Als Giuliano 1516 unerwartet früh verstarb, verließ Leonardo Rom und ging nach Frankreich. Das zeigt, wie eng verbunden Leonardo und die Medici waren. Giulianos früher Tod erklärt auch, warum sich das Porträt im Besitz von Leonardo befand, denn der ursprüngliche Auftraggeber war verstorben und Leonardo nahm das Bild wieder an sich. Möglicherweise mit der Begründung, es sei noch unvollendet.

Diese These ist insgesamt sehr gewagt. Der einzige Beleg ist – neben Beatis Erwähnung der gewissen Florentinerin, die auf auf Wunsch des Magnifico Giuliano de Medici angefertigt wurde – ein Brief von 1515, den Giulianos Bruder Piero an seinen Sohn Lorenzo schickte. Darin geht es um Francesco del Giocondo, der gegenüber den Medici seine Treue bekundet, aber trotzdem die Feindschaft der Medici fürchtet, da seine Frau Lisa von einem ungenannten Medici begehrt wird. Bei diesem Medici soll es sich um Giuliano handeln.

Das Wortspiel mit Lisa del Giocondos Nachnamen

In der Renaissance waren Wortspiele sehr beliebt. Auch Leonardo da Vinci hatte dafür eine Vorliebe.

Sein berühmtes Porträt der Dame mit einem Hermelin zeigt Ceciila Gallerani. Das Hermelin zählt zu den Wieseln. Das altgriechische Wort für Wiesel lautet galê bzw. galéē.

Ein weiteres Porträt zeigt die Dame Ginevra de' Benci. Sie sitzt vor einem Wacholder. Wacholder heißt im italienischen Ginepro.

Diese Vorliebe Leonardos für Wortspiele spricht nun auch für die Identifizierung der Dame als Lisa del Giocondo. Das auffälligste Merkmal des Gemäldes ist ihr heiterer Gesichtsausdruck. Gioconda ist das italienische Wort für "die Heitere". Es wird daher angenommen, dass ihr heiteres Lächeln auf ihren Nachnamen "del Giocondo" anspielt.

Salais Nachlass

Salai war einer der langjährigsten Mitarbeiter Leonardos und wurde als einer von Leonardos Erben in seinem Testament bedacht. Wenige Jahre nach Leonardos Tod 1519 starb Salai 1524 überraschend in einem Duell. Seine Frau und seine Schwestern stritten in der Folge um das Erbe. Darüber ist eine Urkunde erhalten und so ist bekannt, dass Salai ein Gemälde besaß, dass mit "La Joconda" bezeichnet wird. "La Joconda" wird kurz beschrieben, als "nach hinten gerückte Frau".

Die Mona Lisa wird in Frankreich noch heute "La Joconda", bzw. "La Joconde" genannt. La Joconde war ursprünglich kein französisches Wort und geht auf das italienische Gioconda zurück. Diese Bezeichnung aus Salais Nachlass bringt also jenes Porträt in Zusammenhang mit dem Nachnamen der Florentiner Dame Lisa del Giocondo.

Der Wert von Salais "La Joconda" wurde vom Notar mit 100 Scudo festgelegt (= 175 Florin = 612,5 Gold). Das war für damalige Verhältnisse eine sehr hohe Summe und spricht sehr dafür, dass es sich bei Salais "La Joconda" um ein originales Gemälde Leonardos handelte. Dann kann es sich dabei nur um Leonardos Porträt der Lisa del Giocondo gehandelt haben.

Theorie II – Pacifica Brandani

Neben der Identifizierung der Mona Lisa als Lisa del Giocondo wird von einigen wenigen Forschern die Auffassung vertreten, es könnte sich um ein Porträt der Pacifica Brandani handeln. Da die These in sich schlüssig ist, soll sie nicht unerwähnt bleiben.

Ausgangspunkt der These ist der bereits bekannte Reisebericht von de Beatis aus dem Jahr 1517, der schrieb "[...] eines von einer gewissen Florentinerin, ein sehr schönes Gemälde, das auf Wunsch des Magnifico Giuliano de Medici angefertigt wurde".

Zu Giulianos Biografie gehört das traurige Schicksal seines einzigen Sohnes Ippolito. Als sich Giuliano im Exil befand, hatte er am Hof von Urbino eine Affäre mit der Hofdame Pacifica Brandani. Sie wurde schwanger, starb jedoch 1511 bei der Geburt des Sohnes Ippolito. Da Ippolito seine Mutter nicht mehr kennenlernen konnte, soll Giuliano bei Leonardo das Gemälde einer idealisierten, heiteren Mutterfigur in Auftrag gegeben haben. Das Gemälde sollte den jungen Ippolito über den Tod der Mutter hinwegtrösten. Deswegen soll das Porträt auch die Bezeichnung La Gioconda bekommen haben (ital. die Heitere).

Ippolito soll das Gemälde demnach jedoch nicht erhalten haben. Als sein Vater Giuliano 1516 ebenfalls verstarb, soll Leonardo das noch unvollendete Gemälde behalten haben, als er 1516 zum französischen Hof aufbrach. Auch wenn diese Theorie in ihrer Erzählung plausibel erscheint, stützt sie sich lediglich auf die Bemerkung "auf Wunsch des Magnifico Giuliano de Medici " in de Beatis Reisebericht.

Die Untersuchung von Pascal Cotte

Pascal Cotte ist ein anerkannter französischer Physiker. Er entwickelte eine neuartige physikalische Methode mit der die zeitliche Reihenfolge des Auftrags von Farbschichten in Gemälden rekonstruiert werden kann. Der Louvre gab ihm zwischen 2004 und 2015 die seltene Erlaubnis die Mona Lisa zu untersuchen. Er kam zu der bedeutenden Erkenntnis, dass sich unter dem Porträt der Mona Lisa ein übermaltes früheres Porträt befindet, das eine deutlich jüngere Dame zeigt.

Die Mona Lisa und die Porträts von Raffael

Das Ergebnis von Pascal Cottes Untersuchung klärt viele offene Fragen im Zusammenhang mit der Mona Lisa. Mit der Mona Lisa werden von jeher zahlreiche Porträts des weltberühmten Raffael in Verbindung gebracht, die er zwischen 1505 und 1508 anfertigte. Sie zeigen auffällige Ähnlichkeiten in Haltung, Kleidung, Armlehne und Architektur.

Die Ähnlichkeiten können dabei nicht zufällig sein. Leonardos Porträtstil war in der damaligen Zeit revolutionär. Die dynamisch gedrehten Körperhaltungen waren absolut neuartig und ersetzten die weitverbreiteten Porträts in Profil- und Frontalansicht. Raffael war in dieser Hinsicht der prominenteste der ersten Schüler Leonardos.

Raffael befand sich zwischen 1504 und 1505 in Florenz. Zur selben Zeit soll Leonardo am Porträt der Lisa del Giocondo gearbeitet haben. Es ist daher wahrscheinlich, dass Raffael das Porträt der Lisa del Giocondo in Leonardos Werkstatt gesehen hat. Dass Leonardo und Raffael in engem Kontakt standen, steht außer Frage, ebenso die tiefe Bewunderung des jüngeren Raffael für Leonardo. Sie wird bereits von Vasari in Raffaels Biografie erwähnt. Leonardos Motive spiegeln sich zudem beständig in Raffaels Werk.

Durch Pascal Cottes Untersuchung ist nun klar, warum Raffaels Porträts Leonardos Mona Lisa zwar auffällig ähneln, aber dennoch stark von der heutigen Version abweichen. Raffael muss eine frühere Version der Mona Lisa gesehen haben und zwar die, die Pascal Cotte aufgezeigt hat.

Die Identität der Mona Lisa

Die umfangreichen Kopien Raffaels und die Analyse Pascal Cottes lassen nun einen einfachen Schluss zu, der sich mit allen bisherigen Erkenntnissen deckt.

1503 hat Leonardo in Florenz den Auftrag erhalten, die Lisa del Giocondo zu malen. Der Auftrag kam entweder von ihrem Ehemann Francesco del Giocondo nach Vermittlung durch Leonardos Vater oder aber von dem verliebten Giuliano de' Medici aus dem Exil in Urbino. Leonardo begann mit dem Porträt, ließ es aber unvollendet. Raffael muss das unfertige Werk zwischen 1504 und 1505 in Leonardos Werkstatt gesehen haben und imitierte es in mindestens drei Gemälden.

Als Leonardo um 1508 Florenz das zweite Mal verließ und erneut nach Mailand ging, waren die vier Jahre unvollendete Arbeit an dem Porträt vergangen, die Vasari erwähnt.

Eine idealisierte Frauenfigur

Da das ursprüngliche Frauenporträt, das Pascal Cotte unter der Mona Lisa aufzeigen konnte, sich vor allem im Kopf und der Schulterpartie vom finalen Gemälde unterscheidet, muss Leonardo das unfertige Gemälde nach 1508 stark überarbeitet haben, bis es seine heutige Form erhielt. Das unterstützt die These, dass Leonardo die heute sichtbare Dame auf dem Gemälde nicht nach einer realen Person porträtierte, sondern eine idealisierte Frauenfigur schuf.

Ob das nach der Pacifica-Brandani-Theorie ab 1511 und erneut im Auftrag von Giuliano de' Medici geschah, diesmal um seinem trauernden Sohn ein tröstendes Mutterbild zu schenken oder ob Leonardo das Werk aus eigenem Antrieb überarbeitete, bleibt jedoch weiter unklar.

Insgesamt stellt das die zur Zeit einfachste Erklärung zur Entstehungsgeschichte der Mona Lisa dar. Dies schließt nicht aus, dass es zeitgleich mit Leonardos Arbeit an dem Werk Kopien von Schülern seiner Werkstatt gab. Diese reichen jedoch bei objektiver Betrachtung ihrer malerischen Qualität nicht an Leonardos Mona Lisa heran.

Ist die Mona Lisa ein Selbstporträt?

Die These, dass die Mona Lisa ein Selbstporträt oder gar seinen Schüler Salai darstellt, hat zwei Ursachen.

Das Anagramm zur Mona Lisa

Anagramme waren in der Renaissance sehr beliebt. Aus Leonardos Notizen ist bekannt, dass er sich damit beschäftigte.

Werden die Buchstaben von "MONA LISA" vertauscht, ergibt sich das französische „Mon Alias“ (‚Mein Pseudonym‘). Das wird als Hinweis auf ein Selbstporträt verstanden.

Alternativ ergibt sich „Mon Salai“ (‚Mein Salai‘). Das wird als Hinweis auf ein Porträt Salais verstanden.

Leonardo hat das Gemälde allerdings wie alle seine Gemälde unbenannt belassen. Vasari war der erste, der das Porträt so nennt. Das Testament des Leonardo Schülers Salai lässt den Schluss zu, dass das Gemälde im Umfeld Leonardos "Gioconda" genannt wurde (frz. Jaconde).

Die bärtige Mona Lisa – Eine optische Täuschung

Das Porträt der Mona Lisa ist so angelegt, dass um das sehr helle Gesicht große dunkle Flächen gemalt wurden. Sie umrahmen mit dem auffällig hellen Dekolleté die größte helle Fläche.

Beim längeren Betrachten eines Gegenstandes kommt es zu einem Effekt, der in der Wahrnehmungsphysiologie Nachbild genannt wird. Das menschliche Auge erzeugt dabei ein Phantombild, eine Halluzination. Das Nachbild hat die Eigenschaft, dass es nicht mehr das originale Bild, sondern ein Negativbild zeigt, wie es aus der analogen Fotografie bekannt ist (Foto-Negativ).

Mona Lisa – Leonardo da Vinci

Wird der schwarze Punkt auf der Nase der Mona Lisa für ca. 10s fixiert und danach der weiße Punkt auf der rechten schwarzen Fläche, ist dort das Negativbild der Mona Lisa zu erkennen, obwohl die Fläche nur schwarz ist.

Leonardo da Vincis Mona Lisa – Negativbild

Das Negativbild der Mona Lisa aus dem oberen Experiment. Wird dieses nun ebenfalls für ca. 10s fixiert (schwarzer Punkt auf der Nase), erscheint danach auf der rechten Seite das originale Bild der Mona Lisa.

Mona Lisa – Leonardo da Vinci
Leonardo da Vincis Mona Lisa – Negativbild

Es ist anzunehmen, dass Leonardo das Dekolleté der Mona Lisa nur deswegen so hell gemalt hat, um beim längeren Betrachten des Gemäldes das Nachbild eines großen dunklen Flecks zu erzeugen, der in seiner Form an einen Bart erinnert. Dieser wird hier simuliert, indem das Negativbild um genau 1/7 der Bildhöhe über das Originalbild nach oben geschoben wird.

Um den Effekt selbst zu simulieren, kann zuerst der Bereich um den blauen Punkt unter dem Kinn fixiert werden. Danach entsteht beim Wechsel des Blicks auf die Nasenspitze der Eindruck einer bärtigen Mona Lisa, der durch die dunklen Schattierungen im Bereich des Kinns noch verstärkt wird.

Der dunkle Fleck des Dekolletés aus dem Negativbild wirkt nun wie ein Bart. Daher wird oft behauptet, das Gemälde sei eigentlich ein Selbstporträt Leonardos. Da aber bis heute kein Bildnis von Leonardo bekannt ist, dass nachweisbar ihn zeigt, kann auch nicht seriös davon gesprochen werden, dass die Mona Lisa Leonardos Gesichtszüge trägt.

In der Malerei wird häufig mit dem Effekt des Nachbildes gespielt. Oft entstehen dadurch überraschende Doppelbilder. Die Art in der Leonardo diese Effekte eingesetzt hat, wirkt stets außerordentlich elegant.

Entstehungszeit und Eigentümer

Der Leonardo Biograf Giorgio Vasari berichtet 1550 von der Entstehung der Mona Lisa. Da sich die Mona Lisa zu dem Zeitpunkt im Privatbesitz des französischen Königs auf Schloss Fontainebleau befand, wie er selbst berichtet, hat Vasari das Porträt möglicherweise nie selbst gesehen und berichtet Hörensagen. Da er jedoch mit der Familie Medici eng verbunden war, die drei Jahre zuvor in das französische Königshaus einheiratete (Hochzeit der Caterina de’ Medici mit König Heinrich II. von Frankreich), kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass er das originale Gemälde gesehen hat.

Vasaris Bericht zur Mona Lisa

"Auch begann Leonardo für Francesco del Giocondo das Bildnis der Mona Lisa, seiner Frau, zu malen. Vier Jahre Mühe wandte er dabei auf, dann ließ er es unvollendet, und es befindet sich jetzt zu Fontainebleau im Besitz des Königs Franz von Frankreich.

Wer sehen wollte, wie weit es der Kunst möglich ist, die Natur nachzuahmen, der erkannte es an diesem schönen Kopfe. Alle kleinen Einzelheiten waren darin aufs feinste abgebildet, die Augen hatten Glanz und Feuchtigkeit, wie wir es im Leben sehen, ringsumher bemerkte man die rötlich-blauen Kreise und das Geäder, das man nur mit der größten Zartheit ausführen kann. Bei den Brauen sah man, wo sie am vollsten, wo sie am spärlichsten sind, wie sie aus den Poren der Haut hervorkommen und sich wölben, so natürlich, als es nur zu denken ist. An der Nase waren die feinen Öffnungen rosig und zart aufs treuste nachgebildet. Der Mund hatte, wo die Lippen sich schließen und das Rot mit der Farbe des Gesichts sich vereint, eine Vollkommenheit, daß er nicht wie gemalt, sondern wirklich wie Fleisch und Blut erschien. Wer die Halsgrube aufmerksam betrachtete, glaubte das Schlagen der Pulse zu sehen.

Kurz, man kann sagen, dieses Bild war in einer Weise ausgeführt, die jeden vorzüglichen Künstler und jeden, der es sah, erbeben machte. Mona Lisa war sehr schön, und Leonardo brauchte noch die Vorsicht, daß, während er malte, immer jemand zugegen sein musste, der sang, spielte und Scherze trieb, damit sie fröhlich bleiben und nicht ein trauriges Aussehen bekommen möchte, wie es häufig der Fall ist, wenn man sitzt, um sein Bildnis malen zu lassen. Über diesem Angesicht dagegen schwebt ein so liebliches Lächeln, daß es eher von himmlischer als von menschlicher Hand zu sein schien; und es galt für bewundernswert, weil es dem Leben völlig gleich war."

Dass Vasari die Malerei der Augenbrauen der Mona Lisa lobt, gilt häufig als Indiz dafür, dass er das Gemälde nicht selbst sah, denn die Mona Lisa hat heute keine sichtbaren Augenbrauen mehr. Der bereits bekannte Physiker Pascal Cotte konnte zwischen 2004 und 2015 nachweisen, dass die Mona Lisa mehrfach übermalt wurde und zu einem gewissen Zeitpunkt tatsächlich Augenbrauen hatte. Dass diese heute nicht mehr sichtbar sind, kann an einer Übermalung Leonardos liegen, aber auch das Ergebnis einer misslungenen Restaurierung sein.

Leonardo malt die Mona Lisa – Cesare Maccari
Leonardo malt die Mona Lisa, Cesare Maccari, 1863
Maccari ließ sich von Vasaris Erzählung inspirieren

Salais Nachlass

Es wird heute angenommen, dass Leonardo das Gemälde bis zu seinem Tod 1519 bei sich hatte. Danach gelangte es vermutlich in den Besitz seines Schülers Salai. Denn als dieser 1524 bei einem Duell starb, wird ein Gemälde mit dem Titel "La Joconda" in einem Rechtstreit um sein Erbe genannt. Da es in dem notariellen Dokument außerdem mit 100 Scudo (= 175 Florin = 612,5 Gold) verhältnismäßig hoch bewertet wird, handelt es sich vermutlich um die Mona Lisa. Kurz darauf muss der französische König Franz I. das Gemälde erworben haben.

Im Besitz der französischen Könige

Wie das Gemälde in den Besitz des französischen Königs gelangte ist unbekannt. Die Gemälde werden in Leonardos Testament nicht erwähnt. Das Porträt der Mona Lisa wurde dann vermutlich am Hof von Franz I. im Schloss Amboise gezeigt. Vasari berichtet 1550, die Mona Lisa wäre nun auf Schloss Fontainebleau. Dort verblieb das Gemälde bis es gegen 1682 Ludwig XIV. zum Schloss Versailles bringen ließ.

Die französische Revolution und Napoleons Schlafzimmer

Die Mona Lisa wurde wie alle Gemälde der königlichen Sammlung nach der französischen Revolution 1789 in den Louvre überführt und ab 1793 erstmals öffentlich ausgestellt.

Allerdings verblieb die Mona Lisa dort nur wenige Jahre, da Napoleon das Gemälde gegen 1799 in sein Schlafzimmer im Tuilerien-Palast verbringen ließ. Dort hing das Porträt bis zu Napoleons Verbannung im Jahr 1815. Seitdem wird die Mona Lisa öffentlich im Louvre gezeigt.

Der Diebstahl von 1911

Die Mona Lisa wurde am 21.08.1911 von dem Italiener Vincenzo Peruggia in einer aufsehenerregenden Aktion aus dem Louvre gestohlen.

Das Louvre Museum hatte aus Angst vor Vandalismus beschlossen, bis 1911 alle Gemälde hinter einer Glaswand abzusichern. Peruggia war einer der Glaser, die damit beschäftigt waren. Durch seine Tätigkeit im Museum war er dem Personal gut bekannt und kannte die Räumlichkeiten.

Am Tag des Diebstahls, ein Montag, war der Louvre für die Öffentlichkeit geschlossen. Peruggia betrat das Gebäude wie gewohnt in seiner Arbeitskleidung und fiel daher nicht weiter auf. Er begab sich zur Mona Lisa und nutzte einen unbeobachteten Moment, um das Gemälde abzuhängen und es zunächst in einem Treppenhaus abzustellen, wo er das Gemälde aus dem Rahmen nahm. Die auf eine Holztafel gemalte Mona Lisa ist ein verhältnismäßig kleines Gemälde (53 × 77cm). Daher konnte Peruggia das handliche Bild gut verstauen. Möglicherweise hat er es unter seinem Kittel versteckt, oder aber es verhüllt und wie eine Glasscheibe mit sich getragen. Dann verließ er den Louvre. Der Diebstahl wurde erst am folgenden Tag bemerkt, als ein Maler, der die Mona Lisa seit einiger Zeit kopierte, die Museumsangestellten nach der Mona Lisa fragte.

Peruggia sah in dem Diebstahl einen patriotischen Akt, denn er wollte das Gemälde nach Italien bringen, dem Heimatland von Leonardo da Vinci. Die Diebstahl blieb zwei Jahre unaufgeklärt. Erst als Peruggia das Gemälde an das Florentiner Museum „Uffizien“ verkaufen wollte, konnte er bei der geplanten Übergabe verhaftet werden. Das Gemälde wurde noch einige Monate in italienischen Städten ausgestellt, bevor es am 31.12.1913 wieder in den Louvre zurückkehrte.

Picasso und der Diebstahl der Mona Lisa

Eine Zeit lang wurde der spanische Maler Pablo Picasso und sein Umfeld verdächtigt, an dem Diebstahl beteiligt gewesen zu sein. Picasso lebte zu der Zeit in Paris und war über den befreundeten Dichter Apollinaire mit Géry Pieret bekannt. Apollinaire und Pieret waren befreundet, sie wohnten zeitweise zusammen. Pieret war ein Gelegenheitsdieb, der im damals noch kaum gesicherten Louvre hochwertige Skulpturen entwendete und 1907 mindestens zwei davon an Apollinaire verkaufte, der sie dann an Picasso weitergab. Kurz nach dem Diebstahl der Mona Lisa gab Picasso die beiden Skulpturen zurück und wurde polizeilich verhört, Apollinaire sogar für zwei Tage verhaftet. Sie wurden beschuldigt Teil einer internationalen Diebesbande zu sein. Picasso wurde nach dem Verhör nichts weiter vorgeworfen, Apollinaire in einem anschließenden Prozess aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Zweiter Weltkrieg

Im Verlauf des zweiten Weltkrieges wurde Frankreich von Deutschland besetzt. Noch bevor die Deutschen Paris einnahmen, hatte der Pariser Louvre aus Angst vor Raub oder Beschädigung in einer aufwändigen Aktion fast den gesamtem Kunstschatz des Museums anonym verpackt und versiegelt nach Schloß Chambord gebracht. Die Mona Lisa befand sich in einer unscheinbaren Kiste. Im Verlauf des Krieges wurde das wertvolle Gemälde mehrmals an verschiedene Orte in Frankreich gebracht, ohne dabei in den Besitz der Deutschen zu gelangen.

Mit dem Ende des Krieges konnte die Mona Lisa wieder in den Louvre zurückkehren, wo sie ab Oktober 1947 erneut öffentlich ausgestellt wurde.

Vandalismus

1956 wurde das Gemälde von einem Unbekannten mit Säure überschüttet, wodurch der untere Teil des Bildes schwer beschädigt wurde. Im selben Jahr warf ein Besucher einen Stein auf das Gemälde. Das Bild wurde am linken Ellbogen beschädigt. Seitdem befindet sich die Mona Lisa hinter Panzerglas.

Die Mona Lisa in den USA

1961 überzeugte die Gattin des amerikanische Präsidenten John F. Kennedy, Jacqueline Kennedy, den damaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle, das Gemälde in den USA ausstellen zu lassen. In einer aufwändigen Aktion wurde das Gemälde im Januar 1963 unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen über den Atlantik transportiert und in der National Gallery of Art in Washington ausgestellt, kurz darauf im New Yorker Metropolitan Museum of Art.

Der damalige Direktor des Museums Thomas Hoving, schreibt in seinen Memoiren, dass die Mona Lisa dabei eine Nacht lang dem fließenden Wasser einer versehentlich ausgelösten Sprinkleranlage ausgesetzt war. Da sich das Gemälde aber unter wasserabweisenden Panzerglas befand, blieb die Mona Lisa unbeschädigt.

Die Mona Lisa in Japan und Russland

1974 folgte eine zweite Auslandsausstellung in Tokio und Moskau.

Vandalismus

2022 versuchte ein Besucher das Panzerglas der Mona Lisa zu zerschlagen. Als er damit erwartungsgemäß scheiterte, beschmierte er das Glas mit einer Sahnetorte. Um sich dem Gemälde zu nähern, hatte er sich in einen Rollstuhl gesetzt und war als Frau verkleidet. Als Motiv gab er an, es solle an die Erde gedacht werden.

Öffentliche Ausstellung im Pariser Louvre

Das Gemälde befindet sich heute im größten Saal des Pariser Louvre, dem Salle des États.

Bildanalyse

Über die Bildvorlage

Ausgangspunkt dieser Bildanalyse ist die ungerahmte Version des Porträts #, wie sie sich auf der Website des Louvre finden lässt. Dadurch sollen die geometrischen Zusammenhänge des Gemäldes anhand der tatsächlichen Ausmaße des Gemäldes untersucht werden können.

Die lediglich angedeuteten Säulen am linken und rechten Bildrand werden oft damit erklärt, dass das Gemälde an den Rändern beschnitten worden ist. Dem ist nicht nicht so. Der Louvre gestattete in den 2000er Jahren dem renommierten Physiker Pascal Cotte das Werk zu untersuchen. Er fand keine Anhaltspunkte für eine nachträgliche Beschneidung der Holztafel. Es kann also sicher davon ausgegangen werden, dass das heute im Louvre befindliche Gemälde genau in der Form von Leonardo angelegt wurde.

Bildbeschreibung

Eine Dame im Dreiviertelporträt sitzt auf einem Stuhl. Die Stuhllehne umkreist den Stuhl U-förmig, und ist über kleine Säulen mit der Sitzfläche verbunden. Es sind fünf Säulen zu erkennen.

Der Stuhl ist nach links ausgerichtet, und so wendet sich die Dame über eine leichte Drehung von Hüfte, Schulter und Kopf nach links zum Betrachter. Dabei schaut sie leicht rechts an ihm vorbei auf etwas hinter ihm. Sie lächelt.

Ihre beiden Hände liegen übereinander verschränkt auf der linken Stuhllehne. Die linke Hand hält eine braune Decke, die über die Beine gelegt wurde. Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand sind leicht gespreizt.

Sie trägt ein dunkelgrünes Kleid mit orangenen Ärmeln, die in feine Falten gestaucht wurden. Der dunkelgrüne Teil des Kleides ist an den Ärmeln nach oben umgeschlagen und an der Schulter festgesteckt. Die Naht am Dekolleté ist in feinen Mustern mit orangenen Nähten bestickt. Durch die geraffte Naht fällt das Kleid in feinen Wellen. Ihr Hals und Dekolleté sind unverdeckt.

Ihr braunes offenes Haar fällt links und rechts in feinen Locken vom Mittelscheitel her zu ihren Schultern hinab. Ihr Haar bedeckt ein sehr langer Schleier der beinah durchsichtig erscheint. Er wurde nach unten hin zusammengerollt und hängt nun lose über ihrer linken Schulter.

Direkt hinter ihr eine hüfthohe Mauer. Am linken und rechten Bildrand sind die Füße zweier Säulen zu erkennen, die auf der Mauer aufgesetzt sind.

Im Hintergrund eine bergige Landschaft mit Wegen und von Gewässern durchzogen. In der rechten Bildhälfte eine Brücke über einen Fluss.

Das Gemälde ist im unteren Bereich (Decke, Stuhl, und Mauer), sowie in weiten Teilen der Landschaft unvollendet.

I Die falschen Perspektiven

Leonardos Gemälde können nicht ohne Untersuchung der Bildgeometrie verstanden werden. Das wird in keinem von Leonardos Porträts so deutlich, wie im Fall der Mona Lisa.

Eine Besonderheit des Gemäldes ist die Verwendung mehrerer Perspektiven. Dadurch wird das Gemälde in drei räumliche Ebenen aufgeteilt. Das wird deutlich, wenn man die drei Bildebenen für sich allein betrachtet, also Dame, Mauer oder Landschaft.

Die Person – Frontale Darstellung

Die porträtierte Dame sitzt auf einem Stuhl und blickt den Betrachter frontal an. Beide befinden sich auf derselben Höhe. Der Betrachter schaut weder zu ihr herauf, noch auf sie herab.

Die Mauer – Zentralperspektive und Fluchtpunkt

Ein architektonischer Fluchtpunkt lässt sich bestimmen, sobald mindestens zwei Fluchtlinien im Gemälde eingezeichnet sind. Der Fluchtpunkt einer Zentralperspektive verläuft immer durch den Horizont.

Auch wenn die Architektur im Gemälde sehr reduziert ist, ist sie dennoch vorhanden. Die Mauer hinter der Mona Lisa und die darauf ruhenden Füße der Säulen lassen sich als Fluchtlinien erkennen. Da wo beide Fluchtlinien sich treffen, befindet sich der Fluchtpunkt der Zentralperspektive. Dieser befindet sich genau im Mittelscheitel der Mona Lisa (weiße Linien). Dadurch lässt sich nun auch der perspektivische Horizont bestimmen (weiße Horizontale).

Der Betrachter schaut also in einem vergleichsweise steilen Winkel von oben auf die Mauer. Diese Wahrnehmung steht aber im Gegensatz zum frontal gemalten Körper der Mona Lisa.

Die Hintergrundlandschaft – Horizontlinien

Der Horizont ist in diesem Gemälde nicht eindeutig auszumachen. Zudem scheint es mindestens zwei zu geben. Auf der rechten Seite vom Kopf der Mona Lisa lässt sich eine durchgehende hellblaue Fläche als Horizont ausmachen. Sie ist schräg und gerade. Ein solcher Horizont kann nicht existieren. Er müsste aufgrund der Erdkrümmung leicht gebogen sein (blaue Linie rechts). Diese Krümmung wäre aufgrund der geringen Bildbreite aber kaum erkennbar.

Auf der linken Seite ist der Horizont zwar durch Berge verdeckt, doch lässt sich im transparenten Schleier ihres Haares eine kurze horizontale Linie ausmachen. Diese Linie befindet sich auf derselben Höhe wie das höhere Ende des Horizonts auf der rechten Seite.

Die Unmöglichkeit eines solchen Horizonts wird spätestens jetzt klar. Während der rechte Horizont leicht nach links oben und in gerader Linie verläuft, sitzt der linke Horizont tiefer, wie durch den transparenten Schleier schemenhaft zu erkennen ist.

Fast wie ein Hinweis des Malers zum Verlauf des linken Horizonts wirkt die auffällige hellblaue Linie am linken Bildrand, die sich ebenfalls auf der Höhe des oberen Endes des rechten Horizonts befindet (blaue Linie links). Spiegelverkehrt zeigt diese Linie hier von links nach rechts oben.

Fazit zu den falschen Perspektiven

Hinsichtlich der Perspektive entsteht ein unstimmiger Gesamteindruck. Leonardo war ein Meister der Perspektive, so dass malerisches Unvermögen ausgeschlossen werden kann.

Je nachdem auf welches der drei Perspektive gebenden Bildelemente der Betracher schaut – Person, Mauer oder Landschaft – entsteht eine andere Wahrnehmung der Perspektive und der Position dieser Elemente zueinander.

Die Fluchtlinien der Mauer zeigen, dass der Betrachter die Szenerie von oben aus betrachten muss. Gleiches gilt für die Horizzontlinien. Auch wenn der Horizont hier niedriger liegt, impliziert die Perspektive einen Blick von oben. Im Gegensatz dazu die frontale Darstellung der Porträtierten.

Es scheint, als ob Leonardo den Betrachter in drei Phasen einer Bewegung zwingt. Je nachdem was er zuerst betrachtet, die Person oder die Mauer und die Landschaft, ändert sich seine Perspektive in der Art, dass er entweder zuerst neben ihr sitzt und dann beim Aufstehen auf die Mauer und die Landschaft blickt. Oder umgekehrt, er zuerst steht und auf die Mauer und die Landschaft blickt, um sich dann zu setzen und mit ihr auf Augenhöhe zu begeben. Wendet der Betrachter seinen Blick ab von ihr und schaut wieder auf die Mauer oder die Landschaft, erhebt er sich perspektivisch wieder und das Spiel beginnt von Neuem, sobald er wieder auf sie schaut.

Leonardo schafft es durch diesen Trick zunächst, den Betrachter zum Verweilen zu animieren, um ihn dann, gleichsam eines malerischen Perpetuum Mobiles, in einen Kreislauf des Betrachtens und Abwendens festzuhalten.

II Die sechs Quadranten

Die äußeren Abmessungen des Porträts sind exakt im Verhältnis 2:3 angelegt. Das Porträt lässt sich somit in 6 gleichgroße Quadrate unterteilen. Dies erinnert sofort an die Einfassung der Belle Ferroniere in 4 gleich große Quadrate.

Das Gemälde der Mona Lisa wird hierdurch in eine Beziehung zum Porträt der Belle Ferroniere gesetzt. Bei beiden Gemälden wurde zudem eine Mauer gesetzt. Während sie bei der Belle Ferroniere den Betrachter von der Dargestellten abgrenzt, führt die Mauer der Mona Lisa den Betrachter mit ihr zusammen, denn sie befinden sich im selben Raum.

Die Mittelsenkrechte des Mona Lisa Porträts verläuft exakt durch ihr linkes Auge (hellblauer Punkt), ebenso wie bei der Belle Ferroniere. Leonardo folgt hier ganz grundsätzlich einem Muster, dass er auch in seinen anderen Porträts zeigt. Entweder der goldene Schnitt oder die Mittelsenkrechte verlaufen exakt durch das linke Auge. Im Fall der Dame mit dem Hermelin ist es das linke Auge des Hermelins.

III Der Tag

Neben der Aufteilung in sechs Quadrate folgt das Gemälde einer inhaltlichen Dreiteilung. Die Landschaft der linken Seite zeigt einen anderen Charakter, als die Landschaft auf der rechten Seite. Beide Landschaften befinden sich in jeweils zwei der insgesamt sechs Quadranten. Auch die zwei unteren Quadrate bilden mit der Mauer der Loggia eine dritte Sinneinheit.

Zur Veranschaulichung der Andersartigkeit der Landschaften wird die Person der Mona Lisa entlang ihrer Silhouette durch Einfärben ignoriert und nur der Bildraum im Hintergrund betrachtet, zunächst der rechte Bildhintergrund. Es kommt zu einer interessanten Feststellung. Lässt der Betrachter den so entstandenen Ausblick auf die Landschaft auf sich wirken, verändert sich die Wahrnehmung derselben.

In der wenig ausgearbeiteten Landschaft sind zwei Akzente gesetzt. Der erste Akzent ist eine Brücke. Sie befindet sich genau am unteren ersten Drittel der beiden Quadrate. Sie besteht aus 3, 4 oder 5 Bögen, das ist nicht genau auszumachen. Die Brücke wirkt als optischer Mittelpunkt eines ruhig und idyllisch anmutenden Bereichs mit orangenen und hellen Farbtönen.

Darüber im Komplementärkontrast eine gewaltige blaue Fläche. Sie beginnt und endet auf Höhe des Goldenen Schnitts der beiden oberen Quadrate (Minor und Major). Direkt nach oben angrenzend ein helles Licht, das dunkle Gewitterwolken teilt.

Insgesamt erscheint die Szenerie nun weniger friedfertig. Die vom goldenen Schnitt aufgespannte Ebene stellt sich nun als eine zusammenhängende blaue Wassermasse heraus, die sich ihren Weg in ein friedliches Tal bahnt. Dort wird sie auf eine Brücke treffen, die um 5° nach rechts oben gemalt wurde.

Leonardo hat sich vor allem in seinen letzten Jahren intensiv mit dem Thema Sintflut auseinandergesetzt. Es existieren zahlreiche Zeichnungen zu diesem Thema. Das Motiv von Ebbe und Flut ist unweigerlich mit dem Mond verknüpft, der die kosmische Ursache der Gezeiten ist. Daher erklärt sich dann auch der Winkel der Brücke. Die Bahnneigung des Mondes beträgt ~5°.

Auffällig ist eine sehr viel hellblauer gemalte helle Fläche am Horizont. Sie ist monochrom gemalt. Ihre Bedeutung ist unklar. Denkbar wäre eine dichte Nebelwand. Es könnte sich auch um einen hochgelegenen Bergsee handeln.

Je nachdem, was der Betrachter nun fokussiert entsteht ein anderer Eindruck. Die hellblaue Fläche des Bergsees bringt Ruhe in die Komposition, die blaue Fläche darunter erinnert an eine gewaltige Flutwelle, die das Tal bedroht. Sobald sie allerdings genauer betrachtet wird, löst sich dieselbe blaue Fläche wieder in eine gebirgige Struktur auf.

Leonardo spielt also mit der Bildschärfe. Und analog zu dem Spiel mit den drei Perspektiven, handelt es sich auch hier um drei Fokuspunkte: Bergsee, Gebirge und Brücke.

Ob Leonardo hier die Kraft sich bahnbrechender Wassermassen darstellen wollte oder ob das Universalgenie Leonardo den Einfluss der kosmischen Kraft des Mondes auf irdisches Wasser demonstrieren wollte, ist nicht genau zu sagen. Doch grundsätzlich ist das Thema der rechten Landschaft das Wasser.

Die Sintflut der Mona Lisa bei Martin Kemp

Martin Kemp war Professor für Kunstgeschichte an der University of Oxford mit Gastprofessuren in Harvard und Princeton und gilt als der weltweit renommierteste Leonardo Experte. Er schreibt über die Landschaft von Leonardos Mona Lisa:

"Die auf zwei Ebenen angesiedelte Landschaft der Mona Lisa - die höher gelegene Wasserfläche auf der rechten Seite [des Bildes] befindet sich oberhalb ihrer natürlichen Position - ist die Quintessenz dessen, was Leonardo beim Nachdenken über hoch und niedrig gelegene Orte in der Toskana erfahren hatte. Die Instabilität eines der Berge links des Kopfes [d.h. von ihr aus gesehen links], der einen extrem ausgeprägten Felsvorsprung aufweist und darunter stark eingeschnitten ist, deutet an, daß sich die Dinge zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Zukunft radikal verändern werden. Es steht eine gewaltige Veränderung bevor, bei der die sanft mäandernden [kurvenreich verlaufenden] Flußläufe im Flachland unter dem Balkon der Mona Lisa mit der säuberlich gefertigten Brücke von einer force majeur [gewaltigen Kraft] überrascht und umgestaltet werden und gegenüber der jeder menschliche Ingenieur ohnmächtig ist".
(Kemp, Martin [2005]: Leonardo. München: Verlag C.H. Beck oHG, S. 176 f.)

Kemp ist also der Auffassung, dass Leonardo die gewaltige Kraft ins Tal stürzenden Wassers aufzeigen wollte. Kemp macht diese Ausführungen im Kapitel 'Meister des Wassers', speziell im Zusammenhang mit Leonardos Versuchen, die unbändige Kraft des Wassers nutzbar zu machen.

Die Figur im Fenster

Die zwei Quadrate der rechten Bildhälfte wirken nun als das Fenster eines dunklen Raumes. Die hier vorgenommene Verdunkelung durch Abdeckung der anderen Quadrate, sowie der Mona Lisa entlang ihrer Silhouette scheinen vom Maler vorausgesetzt zu sein.

Die Mona Lisa ist in ihrer Grundform in ein Dreieck gemalt. Das ist für die Zeit ungewöhnlich und ergibt sich aus ihrer Körperhaltung. Das Dreieck, das ihr Körper aufspannt, ist vom Kopf bis zu den Armen an den Rändern dunkel gehalten. Leonardo schrieb dazu in seinem Nuch über die Malerei, dass dies getan werden müsse, um die Person vom Hintergrund abzuheben. Leonardo geht hier aber noch weiter und setzt mit dem Gesicht, dem Hals und den Händen nur wenige Lichtpunkte innerhalb der sehr dunklen Umrandung. Auf diese Art wird die Plastizität erhöht, aber auch die Silhouette der Mona Lisa überbetont.

Betrachtet man mit diesem Wissen die Landschaft als Ausblick durch das Fenster eines hochgelegenen dunklen Raumes, erkennt man im linken dunklen Schatten die Silhouette einer Person, die aus einem dunklen Raum in die Ferne einer Landschaft blickt. Sie imitiert gleichsam den Betrachter, der sich rechts hinter ihr ebenfalls in diesem Raum befindet.

Eine zweite Bedeutungsebene geht auf. Denn die Themen Flutwelle, der erhöhte Standpunkt von einem Berg, verbunden mit dem Gefühl von Sicherheit und Licht am Horizont sind in biblischen Kontext von jeher mit der Noah Erzählung besetzt. Es könnte sich bei der Silhouette demnach um Noah oder seine Frau handeln, die aus der Arche heraus auf die nahende Flutwelle blicken.

Die Vielzahl der Deutungsebenen der Leonardo Gemälde und wie sie ineinander übergehen, lässt sich exemplarisch bereits an diesem Teil des Gemäldes demonstrieren und hat viel zum Ruhm von Leonardos Gemälden beigetragen. Denn auch wenn es mehrere Ebenen sind, so sind sie nicht beliebig, sondern feinsinnig aufeinander aufgebaut.

Ebenso konnte bereits jetzt gezeigt werden, wie sehr die Geometrie die inhaltliche Ebene ergänzt und sie aus der Beliebigkeit herausführt. Zuerst die Unterteilung in sechs Quadrate, von denen aber lediglich zwei fokussiert werden. Diese teilt dann ein horizontaler Goldener Schnitt exakt unterhalb einer als Flutwelle auszumachenden dunkelblauen Fläche. Und um die Bewegung des Wasser zu unterstützen, wird die einzige architektonische Struktur – eine Brücke – im Winkel von 5° geneigt. Dem Winkel also, der auf die Bahnneigung des Mondes verweist und somit auf dessen Einfluss auf das Wasser. Denn die Anziehungskraft des Mondes verursacht Ebbe und Flut.

Leonardos Gemälde können ohne Kenntnis der Bildgeometrie nicht verstanden werden.

IV Die Nacht

Nachdem in den oberen beiden Quadraten auf der rechten Seite der Tag und das Wasser als Leitmotiv erkannt wurden, sollen nun die beiden linken oberen Quadrate untersucht werden.

Auch hier fällt zunächst eine klare farbliche Unterscheidung auf. Der obere Teil ist in einem Blau gehalten, der untere komplementär in einem fast schon glühend heißem rötlichen Orange. Die gemittelte Trennlinie zwischen den beiden Farbbereichen verläuft sehr genau entlang des goldenen Schnitts der Höhe der beiden Quadrate (orange Linie).

Die Perspektive der Oberfläche des Sees, dessen abrupter Übergang in die Landschaft und der farbliche Kontrast lassen an den Querschnitt eines Gewässers denken. Der surrealistische Maler Salvador Dali, der sich vor allem in seinem Spätwerk mit den Renaissance Malern auseinandersetzte, entwickelte ein daran erinnerndes Bildmotiv.

Salvador Dali - Herkules, der die Haut des Meeres anhebt, bittet Venus einen Moment länger zu warten, bevor sie die Liebe weckt
© Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí, Figueres, 2021
Herkules, der die Haut des Meeres anhebt, bittet Venus einen Moment länger zu warten, bevor sie die Liebe weckt, Salvador Dali

Analog zu Dalis Bild erscheint das Blau des Sees nun ebenfalls als Haut des Meeres, die möglicherweise Liebende im Orange verdeckt. Für den Moment soll es genügen, die scharfe Grenze des ruhigen Sees über der Unruhe des Oranges festzustellen.

Der bärtige Mann im Schleier

Durch den transparenten Schleier im Haar der Mona Lisa lässt sich ihre Silhoutte auf der linken Seite nicht so klar vom Hintergrund abgrenzen, wie auf der rechten. Es erscheint auf magische Weise ein Gesicht im Haar der Mona Lisa.

Der Blick der Person geht nach links unten und betrachtet den Säulenfuß auf der linken Seite. Der Säulenfuß erscheint nun nicht mehr als reales Objekt, sondern vielmehr als eine Vision der Person. Der Säulenfuß besteht aus einem gestauchten Würfel und einer gestauchten Kugel. Sie wirken in ihrer Geometrie sehr reduziert und fast schon archetypisch. Das Leonardo den linken Säulenfuß bewusst scharfkantiger gemalt hat und dadurch dessen Geometrie betonte, fällt im Vergleich mit dem Säulenfuß am rechten Bildrand auf, welcher wesentlich weicher, beinah verschwommen gemalt wurde.

Der lange Bart und der nachdenkliche Blick auf eine geometrische Figur lassen bei der Person an einen Philosophen der klassischen Antike denken. Es werden Assoziationen zu Platon (428/427 v. Chr. - 348/347 v. Chr.) geweckt. Er hat die nach ihm benannten fünf platonischen Körper nicht erfunden, aber als erster wissenschaftlich untersucht. Platons Nachlass ist gut erhalten. Die Untersuchung der platonischen Körper findet sich in seinem Werk "Timaios".

Im selben Werk lässt Platon, einen Charakter namens Kritias eine Geschichte über eine Stadt erzählen, die im Meer versank. Platons Erzählung im "Timaios" ist die erste Erwähnung des Atlantis Mythos, der bis in die heutige Zeit hinein die Menschen fasziniert. Das verbindet die rechte Hälfte inhaltlich mit der linken, denn Atlantis versank in einer Art, die auf deren Bewohner wie eine Flutwelle gewirkt haben muss.

Raffael malt Leonardo als Platon mit "Timaios" in der Hand

Wem die Fokussierung auf Platon in einem Leonardo Werk fremd erscheinen mag, wird an ein Gemälde von Raffael erinnert, "Die Schule von Athen". Das gewaltige Wandgemälde wurde für das Schlafzimmer des Papstes gemalt und zeigt im Bildzentrum links Platon und rechts Aristoteles, miteinander diskutierend. Platon hält das Buch "Timaios" unter dem Arm und zeigt in der ikonographischen Art von Johannes dem Täufer nach oben. Johannes der Täufer ist nicht nur das letzte Gemälde von Leonardo da Vinci, Johannes der Täufer ist auch der Schutzheilige von Florenz.

Es ist in der Kunstgeschichte unumstritten, dass Raffael den von ihm sehr verehrten Leonardo als Platon gemalt hat, sich selbst und Michelangelo hat er ebenfalls ins Bild gesetzt.

Raffael - Schule von Athen

Die Schule von Athen, Raffael

Leonardo als Platon in der Bildmitte, mit dem Finger nach oben zeigend;
Michelangelo als Heraklit im Vordergrund, denkend an einem Stein;
Raffael in der Personengruppe am rechten Bildrand, in Richtung des Betrachters blickend

Die Bestimmung der Tageszeit

Analog zur rechten Bildhälfte erblickt der Betrachter auch hier ein Fenster. Doch muss er aus der nächtlichen Dunkelheit in einen beleuchteten Raum schauen, denn das Orange im Hintergrund wirkt wie das Orange vom Feuer eines Kerzenlichts. Beinah kann die Szene dem orangen Licht nach als Teil einer romantische Szene beurteilt werden.

Es ist also Nacht. Die Figur Platons wird entsprechend schwach vom linken Bildrand her beleuchtet. Über dem goldenen Schnitt der zwei Quadrate (orange Linie) hat das Licht eine andere Stimmung. Es könnte sich um grelles Mondlicht oder auch die Morgensonne handeln. Der Betrachter würde demnach mit Platon die Nacht nutzen, um der tugendhaften Geometrie (altgriechisch: geo- "Erde", -metron "vermessen") nachzugehen, was am besten bei sternklaren Nachthimmel möglich ist. Begleitet werden sie dabei von den visionären geometrischen Formen der linken Säule. Kugel und Würfel, hier gestaucht, wirken auf Astronomen wie ein Kompass.

V Die Vision von Platons Akademie

Einer Legende nach soll über dem Eingang der Akademie des antiken Naturwissenschaftlers und Philosophen Platon die Inschrift gestanden haben "Ohne Kenntnis der Geometrie soll keiner eintreten".
Leonardo kannte diese Legende und hat sie mit folgenden Worten adaptiert: "Wer kein Mathematiker ist, der möge meine Prinizpien nicht lesen."

Darauf nimmt Leonardo in diesem Gemälde ebenfalls Bezug. Im Fokus stehen hierbei die Stützsäulen der Stuhllehne am unteren Bildrand. Trotz des unvollendeten Zustands des Gemäldes in diesem Bereich sind fünf dieser Säulen auszumachen. Zieht man diese farblich nach und verbindet sie, fällt auf, dass der Zwischenraum zwischen den ersten beiden Säulen exakt mittig zentriert ist (gelbe Linien). Goldener Schnitt und Mittelsenkrechte umrahmen bzw. schneiden den Zwischenraum derart, dass er zusammen mit der dahinterliegenden Stuhllehne, die nun als darüberliegendes Flachdach erscheint, den Eindruck eines antiken Tempels entstehen lässt.

An dieser Stelle wird die Platon Figur im Haar der Mona Lisa erneut bemüht. Ihr Blick ging in Richtung des an platonische Körper erinnernden Säulenfußes auf der linken Seite. Am Säulenfuß befindet sich der horizontale goldene Schnitt des Gemäldes (horizontale orange Linie), von dort lenkt der horizontale goldene Schnitt den Blick des Betrachters auf den vertikalen Goldenen Schnitt des Gemäldes (Minor und Major, vertikale orange Linien), welche am unteren Bildrand eine tempelähnliche Darstellung umrahmen.

Der Betrachter kommt nicht mehr umhin, am unteren Bildrand eine an einen antiken Tempel erinnernde architektonische Struktur auszumachen, die im bisherigen Kontext als Hinweis auf Platons Akademie gedeutet werden muss. Vor allem da die Stuhllehne durch feine horizontale Linien regelrecht zum Beschriften einlädt. Etwa mit dem Schriftzug der dort der Legende nach gestanden haben soll: "Ohne Kenntnis der Geometrie soll keiner eintreten".

VI Der goldene Schnitt

Das Porträt der Mona Lisa orientiert sich vor allem der Höhe nach am Goldenen Schnitt.

  • die erste Teilung erfolgt an den Füßen der Stützsäulen auf der Mauer (unterste blaue Linie)
  • die zweite verläuft durch ihre beiden Augen (mittlere blaue Linie)
  • die finale Teilung verläuft oberhalb ihres Kopfes ( oberste blaue Linie)

Augen und Stützsäulen werden exakt im goldenen Schnitt geteilt. Leonardo setzt den letzten leicht oberhalb ihres Kopfes an, ohne ihn genau zu treffen. Dieses Spiel mit der Erwartungserhaltung eines untersuchenden Geometers ist typisch für Leonardo und verweist in der Regel auf weitere Abhängigkeiten. So auch hier:

  • wird im oberen goldene Schnitt der größere mit dem kleineren Teil getauscht, tangiert er das oberste Ende des Schleiers auf der Stirn. Das ist möglich, weil eine Strecke von links oder rechts ausgehend im goldenen Schnitt geteilt werden kann
  • die Höhe zwischen Augen und der Linie der Säulenfüße kann ebenfalls im goldenen Schnitt geteilt werden (linke schwarze und weiße Linie). Dieser tangiert den Überhang auf der Schulter
  • Die Linie unter ihrem Kinn (goldene Linie) ist der Goldene Schnitt der Porträthöhe, das Gegenstück zu der Höhe der Säulenfüße. Diese Linie markiert als enzige dieser Linien keine markante Stelle. Sie verläuft nur ungefähr unterhalb ihres Kinns
  • Wird diese Höhe entlang des Minor erneut im Goldenen Schnitt geteilt, verläuft dieser durch die Nasenspitze und das untere Ende des Mundes (blaue/orange Linie, die 3. von rechts bzw. links)
  • Werden diese Teilungen im Goldenen Schnitt fortgeführt, tangiert dieser nun die obere Lippe und schließlich den Bereich zwischen den Lippen

Es wird nun klar, dass Leonardo die Mona Lisa nach dem Goldenen Schnitt konstruiert hat. Alle markanten Punkte der Mona Lisa oberhalb der Mauer befinden sich der Höhe nach im Goldenen Schnitt: Säulenfüße, Augen, Kopfende, Kopfschleier, Nase, Mund und Schulter. Dies bringt Leonardos Ansicht zum Ausdruck, dass Ästhetik und Schönheit eng mit Porportion verbunden ist. Die schönste aller Proportionen, war nach damaliger Lehrmeinung der Goldene Schnitt.

Dass alle Teilungen auf den Mund der Mona Lisa zulaufen, ist der Anatomie eines menschlichen Gesichts geschuldet. Höhe des Kopfes, Haaransatz, Position von Augen, Nase und Lippen lassen sich über den goldenen Schnitt in Beziehung setzen, wie Leonardo am Gesicht der Mona Lisa aufzeigt.

VII Brückenbau

Es ist typisch für Leonardo Gemälde, dass er malerische Akzente setzt, die Hinweise auf geometrische Beziehungen geben. Ein typisches Merkmal ist bereits aufgefallen, die Mittelsenkrechte verläuft direkt durch das linke Auge der Mona Lisa (rote Linie). Leonardo hat ebenso regelmäßig den Mittelscheitel betont. Im Gemälde der Belle Ferroniere setzte er unter anderem ihre linke Schulter in Szene. Es lieg nahe solche Bezüge auch in diesem Gemälde zu vermuten.

  • vom Mittelscheitel der Mona Lisa lässt sich ein 60° Winkel zur unteren Kante des bereits bekannten linken Säulenfußes ziehen, die andere Seite dieses Winkels schneidet exakt die Stelle an der das Kleid der Dame so umgeschlagen wurde, dass sich dort ein Spitze gebildet hat. Der Winkel von dem linken unteren Säulenfuß zu diesem Punkt der Schulter beträgt 5°. Es ist derselbe Winkel, um den auch die Brücke in der rechten Landschaft gedreht ist (hellblaue Linien unten)
  • die obere Kante der Mauer hinter der Mona Lisa schneidet die Basis des soeben gebildeten Dreiecks exakt dort, wo sie auch den vertikalen Goldenen Schnitt schneidet (grüne Horizontale und orangene Vertikale)
  • von der oberen Mauerkante (grüne Linie) lässt sich ein Quadrat nach oben einzeichnen (Mouseover, rotes Quadrat). Dieses schneidet die schräge Horizontlinie der rechten Landschaft genau dort, wo es auf die Mittelsenkrechte trifft (unterer der drei hellblauen Punkte am Auge)
  • es entsteht von dem unteren der drei hellblauen Punkte am Auge nach unten ein gleichseitiges Dreieck mit einem oberen 90° Winkel (Dreieck aus grünen Linien). Dessen rechte Seite verläuft genau dort, wo die um 5° geneigte Brücke beginnt. Durch dieses Dreieck der grünen Lininen werden die drei blauen Linien thematisch miteinander verbunden: Die Brücke war bedeutend für die rechte Landschaft, ebenso die schräge Horizontlinie. Für die linke Landschaft war der untere Säulenfuß von Bedeutung, da dessen geometrische Form, den anonymen bärtigen Mann im Haar der Mona Lisa mit Platon und seinen platonischen Körpern assoziieren lässt
  • von da wo die schräge Horizontlinie der rechten Landschaft auf den linken Bildrand trifft, kann eine Horizontale gezogen werden. Trifft diese auf die Mittelsenkrechte entsteht ein für Leonardo Gemälde typisches Dreieck mit den Innenwinkeln von 45°,60 und 75° (Mouseover, grünes Dreieck), Die Basis ist dieselbe wie in dem ersten Dreieck, das von Mona Lisas Mittelscheitel ausging.
  • von da wo ihr Auge von der Mittelsenkrechten geschnitten wird, entsteht zu der bereits bekannten Basis der anderen Dreiecke ein Winkel von 72°. Dieser Winkel ist in der Geometrie von hoher Symbolkraft, da er der Mittelpunktswinkel eines regelmäßigen Fünfecks ist, das wiederum ein Symbol für den goldenen Schnitt ist. Das Wissen um die Konstruktion des regelmäßigen Fünfecks nur mit Zirkel und Lineal galt in der Antike als geheim, wodurch das regelmäßige Fünfeck bis in die heutige Zeit hinein ein mystische Aura hat.

Leonardo zeigt in diesem Abschnitt seine Fähigkeit zu komplexen Bildkonstruktionen. Vor allem durch die Bezüge zu "echten" Bildinhalten, wie dem umgeschlagenen Kleid oder der schrägen Horizontlinie, sowie der Mauer, wird eindrucksvoll gezeigt, dass Leonardo die Gemälde auf geometrischer Ebene bereits in weiten Teilen fertig geplant haben muss, bevor er sie malte. Zum Beispiel könnte er das Bild nicht mehr beliebig verkürzen oder die Position der Mauer ändern. Denn das hätte Folgen für die geometrischen Zusammenhänge gehabt.

Über die blauen Punkte werden hier die Punkte markiert, an denen Leonardo wichtige und vor allem komplexe geometrische Zusammenhänge zeigt. Für den Moment auffällig sind die drei Punkte am Auge, die in einer Linie übereinander gesetzt sind.

Vom Mittelscheitel ausgehend vergrößern sich die oberen Winkel von Dreieck zu Dreieck nach unten hin. Alle Winkel haben dabei in der Geometrie einen hohen Symbolcharakter, da sich aus ihnen harmonische Formen ergeben. Zum Beispiel das Quadrat aus dem 90° Winkel oder das regelmäßige Fünfeck aus dem 72° Winkel.

Vom Mittelscheitel ausgehend sind die Spitzen der bisher vier Dreiecke nacheinander 60°, 72°, 75° und 90° groß. In der Reihe symbolischer Winkel fehlen noch die kleineren Winkel von 30 und 45 Grad und der größere 120° Winkel, der Mittelpunktswinkel eines gleichseitigen Dreiecks.

Wenn sich die Winkel nach unten hin vergrößern, müsste sich der 120° Winkel unterhalb der drei Winkel an ihrem Auge (blaue Punkte) befinden, die beiden kleineren Winkel entsprechend oberhalb des Mittelscheitels.

VIII Atlantis

Das Bildmotiv im rechten, sowie im linken Bildhintergrund ist wie in III und IV gezeigt wurde, das Wasser. Der erdig-braune Farbton der unteren zwei der insgesamt sechs Bildquadranten, steht im Komplemetärkontrast zu dem Blau der Hintergrundlandschaft und des Himmels und setzt somit einen Kontrapunkt. Oben also das Wasser, unten die Erde.

Die bisherige geometrische Analyse hat ergeben, dass vom Mittelscheitel der Mona Lisa, über ihre Augen, symbolische Winkel markiert werden, die zudem nach unten hin immer größer werden. Sie stehen in einer logischen Reihe, der allerdings ein abschließender 120° Winkel fehlte. Leonardo hat diesen auf eine besondere Art und Weise in Szene gesetzt.

Exakt in der Mitte der beiden untersten Quadranten befindet sich die Stuhllehne, auf der die Hände der Mona Lisa ruhen. Die Form der Stuhllehne wirkt wie ein Tor oder der Eingang eines architektonischen Bauwerks. Die bisherigen Erkenntnisse geben begründeten Anlass zu der Vermutung, dass Leonardo in den beiden unteren Quadranten zwei große und bekannte Themen Platons vereint. Die platonischen Körper als Symbol für die von ihm begründeten Akademie, und Atlantis, der Mythos der versunkenen Stadt. Platon war der erste der über Atlantis schrieb. Beide sind wesentlicher Bestandteil seines berühmten Buches Timaios. Dem Buch also, das auch der leonardisierte Platon in Raffeaels Fresko in den Schlafzimmern des Papstes in Rom in den Händen hält.

Dieser Eindruck wird nun durch die geometrische Konstruktion bestätigt.

  • von der Mitte des goldenen Schnitts (horizontale orange Linie) öffnet sich nach unten hin ein Dreieck im Winkel von 120° (rote Fläche). Die Basis dieses Dreiecks befindet sich genau in der Mitte von unterem Bildrand und unterer Kante der Mauer (hellgraue Linie) hinter der Mona Lisa
  • von der Basis des roten Dreiecks entsteht nach oben hin ein gleichseitiges Dreieck, dessen Spitze sich exakt im linken Auge der Mona Lisa befindet
  • das Tetraeder ist der kleinste der platonischen Körper und besteht aus vier gleichseitigen Dreiecken. Wird es in einer Zentralperspektive mit der Spitze nach vorn gedreht und leicht nach hinten gekippt. Hat es die Form eines gleichseitigen Dreiecks. Die drei frontalen Flächen des Tetraeders erscheinen dann alle gleich groß und sehen so aus wie das große Dreieck mit der Spitze im Auge der Mona Lisa, dabei markiert die rote Fläche die untere Fläche des Tetraeders

Der Betrachter kommt nun nicht umhin, die Konstruktion der unteren zwei Quadranten als hausähnliche Struktur zu erkennen. Im farblichen Kontext des Bildes scheint sich dieser Teil unter Wasser zu befinden. Denn im oberen Drittel, der Wasseroberfläche, überwiegen Blautöne, im unteren Drittel, dem schlammigen Meeresgrund, überwiegen erdige Brauntöne. Ganz so, als ob Leonardo auf malerische Art und Weise Platons Akademie, gleich den Bauwerken von Atlantis im Meer versenkt hat.

 

IX Wasser

Der Eindruck einer sich unter Wasser befindenden architektonischen Struktur wird durch eine geometrische Krabbe verstärkt.

Die geometrische Krabbe

Das zentrale Element der unteren beiden Quadranten sind, neben der Stuhllehne, die auf ihr ruhenden Hände der Mona Lisa. Bei genauerer Betrachtung sind diese in einer auffälligen geometrischen Struktur gemalt, die einer Krabbe ähnelt. Diese sitzt über dem Eingang des versenkten Bauwerks (rote Flächen). Sie entsteht aufgrund der Winkel, in denen die Finger angelegt wurden.

  • Vom Mittelpunkt des horizontalen goldenen Schnitts (orange Horizontale) kann ein 60° Winkel zum Ringfinger der linken Hand gezogen werden (weiße Linie). Von dessen Ende führt ein 75° Winkel über die Knöchel nach links oben zur Mitte der Höhe von unterem Bildschirmrand und unterer Mauerkante. Es entsteht das bereits von oben bekannte Dreieck mit den Innenwinkeln von 60°, 75° und 45°.
  • die blauen Linien der Krabbe sind allesamt Winkel von 45°. Sie bilden ein M-förmiges Liniennetz. Genau durch die Mitte des "M" führt der goldene Schnitt der Bildbreite (Mouseover, orangene Vertikale).
  • Mittelfinger und Zeigefinger der rechten Hand sind als einzige Finger leicht auseinandergespreizt, der Winkel des Zeigefingers beträgt 30° (orange Linie). Es braucht nun nur wenig Fantasie, um die Krabbe auszumachen (rote Flächen).
  • zwischen den Fingern der Mona Lisa verläuft die Mittelsenkrechte des Gemäldes, die unter anderem auch ihr linkes Auge schneidet (Mouseover, rote Linie). Über der Krabbe liegt das Dreieck mit dem 120° Winkel, dass nun wie ein ins Wasser gehängtes Netz wirkt. Es scheint an der Mittelsenkrechten aufgehangen.
  • Es liegt in der Natur einer Krabbe mit Scheren diese zu benutzen. Schneidet die Krabbe die Mittelsenkrechte durch, hat das 120° Dreieck einen Grund nach oben aufzusteigen. Es ist auffällig, dass dieses Dreieck ohne seine Form zu verändern so an den oberen Bildrand passt, dass der 60° Winkel der im unteren Dreieck die Konstruktion der Krabbe einleitete, nun exakt ihre rechte Kopfhälfte tangiert
  • außerdem führt von der Mitte der Basis des sich nun am oberen Bildschirmrand befindlichen Dreiecks (weiße Fläche) ein Dreieck zu den beiden unteren Ecken des Gemäldes (gelbe Linien). Der obere Winkel dieses Dreiecks befindet sich über dem Auge der Mona Lisa und beträgt 45°. Er liegt außerdem exakt auf der rechten Seite, des in VI erkannten Dreiecks aus linkem Säulenfuß, linker Schulter und Mittelscheitel (Mousover, weiße Linien)

Fazit zur Bildanalyse

Es ist deutlich gemacht worden, dass der Mona Lisa überraschenderweise ein systematisches Netz geometrischer Abhängigkeiten zu Grunde liegt. Im Gesamten sind bestimmte Schnittpunkte auffällig, die zumeist durch weitere geometrische Beziehungen von exakt diesem jeweiligen Punkt ausgehen bzw. durch ihn verlaufen, z.B. der linke Brückenübergang (blauer Punkt). Das ist grundsätzlich typisch für Leonardos Werke, doch die Komplexität mit der das hier geschieht, ist für seine Porträts einzigartig und allenfalls mit dem Abendmahl zu vergleichen. Es wird hier besonders deutlich, dass Leonardo die Geometrie als wesentlichen Bestandteil seiner Gemälde versteht, um die Absicht des Bildes zu verdeutlichen. Ohne Verständnis der geometrischen Beziehungen im Werk muss die Mona Lisa ein mystisches Gemälde bleiben.

Der Mensch

Die Mona Lisa ist ein mitfühlendes Wesen. Die Spitzen der Dreiecke unter ihrem linken Auge sind so angeordnet, dass sie an Tränen erinnern (hellblaue Punkte). Ihrem berühmten Lächeln wird damit Traurigkeit gegenübergestellt. Sie kann sich so mit Betrachtenden freuen und auch mit ihnen leiden. Es ist kein Zufall, dass dies über die Geometrie deutlich wird. Dem weich gemalten Lächeln werden die hart gezogenen Linien der Geometrie gegenübergestellt. Die Gegensätzlichkeit beider Gefühle kommt so am treffendsten zum Ausdruck.

Die Familie

Im Haar der Mona Lisa verbirgt sich als Doppelbild versteckt ein Mann, am Bart deutlich zu erkennen. Dazu wird sie von einem kleinen Kind umarmt, dass das Gesicht in kindlicher Manier an ihren Busen drückt, wie es Kinder tun, die sich vor Fremden verstecken oder soeben geärgert wurden. Die Mona Lisa erscheint daher als dreieiniges Wesen: Vater, Mutter, Kind. Der familiäre Aspekt der Mona Lisa ist wohl der meistempfundene Aspekt des Gemäldes, auch wenn Vielen die Ursache des Eindrucks unklar ist.

Die Nationen

Über die Geometrie wird auf legendäre Nationen angespielt. Das Dreieck auf Mona Lisas Kopf erinnert an einen typisch asiatischen Reishut. Das Dreieck im unteren Bereich erinnert an eine ägyptische Pyramide und Platons legendäres Atlantis wird durch die Flutwelle im rechten oberen Bereich und den versunkenen Tempel im Bereich der Armlehne symbolisiert. Leonardos Faszination von Platon ist fraglos, sein Werk Timaios (Über das legendäre Atlantis und die platonischen Körper) Teil seines Denkens. In dem Zusammenhang versteht sich die Kenntnis der ägyptischen Pyramiden von selbst.

Kannte Leonardo China?

Dass Leonardo über die international handelnden italienischen Kaufleute auch die chinesische Kultur kennenlernte ist ebenso fraglos, zumindest in ihren Stereotypen. Leonardo war mit dem florentiner Abenteurer Benedetto Dei bekannt. Benedetto unternahm weite Reisen, z.B. bis ins heutige Mali in Nordafrika, ebenso nach Ägypten oder das heutige Syrien. Seine Reiseberichte waren so eindrücklich, dass Leonardo ihm einmal einen Brief schrieb, in dem er den Kaukasus zutreffend beschrieb, ohne selbst je dagewesen zu sein. Der Orient spielte damals eine Schlüsselrolle als Umschlagplatz für Waren aus dem fernen Osten.

Außerdem waren durch den aufkommenden Buchdruck die Reiseberichte des norditalienischen Händlers Marco Polo (*1254) wieder in das Bewusstsein der Bürger gerückt. Seine Reise nach China ist ein bekannte Zeugnisse vom damaligen Austausch der Kulturen in Europa und Fernost. Obwohl Marco Polos Berichte in der jüngeren Vergangenheit, als fiktiv betrachtet wurden, gehen neuere Forschungen davon aus, dass die Berichte wahr sind.

Leonardos Erfindung des Helikopterprinzips wird in der Literatur häufig auf ein chinesisches Kinderspielzeug zurückgeführt ('Bamboo Dragonfly'), dass über die internationalen Handelswege in Leonardos Besitz gekommen sein könnte.

asiatischer Reishut
Asiatischer Kegelhut,
eine traditionell asiatische Kopfbedeckung zum Schutz vor Regen oder Sonne

Die Religionen

Eine Sintflut taucht in vielen Religionen auf, z.B. im ersten Buch der Bibel, Genesis, wo die Sintflut und Noahs Archenbau erzählt wird. Auch die griechische Mythologie kannte eine Sintflut. Doch die Sintflut ist nicht der einzige religiöse Verweis.

Mona Lisas weinendes Auge befindet sich an der Spitze eines Dreiecks mit symbolischen Winkel (45°) und führt in die unteren Ecken des Gemäldes (gelbe Linie). Es erinnert an Darstellungen des Symbols vom Auge Gottes, wie es sich auch auf dem großen Siegel der USA befindet. Das Auge im Dreieck lässt sich aber als Gottessymbol nicht vor 1682 nachweisen, so dass Leonardo dieses nicht im Sinn gehabt haben dürfte.

Als Auge des Ra, also ohne umgebendes Dreieck und ohne Strahlenkranz, wurde es jedoch bereits von den Ägyptern verwendet und symbolisierte den Sonnengott Ra, den Gott des Lichts. Da das Symbol strengen geometrischen Proportionen folgt, hat es Leonardo sicher fasziniert.

Dass Leonardo das Auge der Mona Lisa an die Spitze eines Dreiecks setzt, hebt unabhängig von der direkten religiösen Symbolik die Bedeutung des Lichts in allen Weltreligionen hervor. Denn das Auge dient der Wahrnehmung des Lichts. Umgekehrt „sieht“ das höchste Wesen jeder Religion alles. Das Sehen und damit das Auge ist daher in jeder Religion sehr prominent.

Die Wissenschaft

In Platons Buch Timaios werden die nach ihm benannten platonischen Körper erläutert. Leonardo arbeitete um 1498 mit dem Mathematiker Luca Pacioli an dem Buch „Göttliche Harmonie“, das sich unter anderem mit den platonischen Körpern, dem goldenen Schnitt und seinen Anwendungen befasst. Leonardo fertigte 60 illustrierende Tafeln dafür an. These des Buches ist die Idee, dass sämtliche natürliche Formen auf wenige geometrische Grundformen zurückgeführt werden können. Das Buch versteht sich als eine Fortführung der Ideen Platons.

Die Darstellung des alten Mannes im Haar der Mona Lisa erinnert an eine antike Büste von Platon, die Leonardo aufgrund der zahlreichen Kopien sehr wahrscheinlich gekannt hat.

Neben der Darstellung der Flutwelle im rechten oberen Bereich (Untergang von Atlantis) spielen auch ein gestauchter Würfel und eine gestauchte Kugel am Fuß der linken Säule auf das Buch Timaios an. Der alte Mann in den Haaren der Mona Lisa blickt auf die streng lineare Form des linken Säulenfußes, die im Gegensatz zu dem Säulenfuß der rechten Seite steht, der auffallend weicher und transparenter gemalt ist.

Die Säulenfüße befinden sich zudem genau auf der Höhe des goldenen Schnitts der Bildhöhe (orange Linie).

Die Brücke, auf die die Flutwelle im rechten oberen Bereich zurast, ist im 5° Winkel nach rechts oben geneigt. Das verdeutlicht einen physikalischen Zusammenhang, denn die Bahnneigung des Mondes beträgt ~5°. Der Mond verursacht Ebbe und Flut und steht somit im kausalen Zusammenhang zu der Flutwelle hinter der Brücke.

Die fünf Schnittpunkte an linker Säule, rechter Brücke und in ihrem Brust- und Schulterbereich (blaue Punkte) erinnern an das zeitlose und auch international einzig klar erkennbare Sternbild, das des kleinen Wagens. Sternbilder gehören zu den bekanntesten Symbolen für die Astronomie. Für die Astronomie wiederum braucht es die Kenntnis der Geometrie. Eine der praktischen Anwendungen der Astronomie ist die für den Handel bedeutende Seefahrt.

Die Astronomie dient ebenso der Bestimmung der Zeit. Das Jahr, Wochen, Monate und Tage, sowie Festtage gehen auf astronomische Rhythmen zurück. Mona Lisas rechter Zeigefinger wirkt, als würde er rhythmisch auf ihren linken Arm tippen. Es verweist so auf die stetig voranschreitende Zeit im engeren Sinn und auf die Astronomie bzw. die Geometrie im weiteren Sinn. Das Tippen ist eine optische Täuschung, die durch die starken Hell-Dunkel-Kontraste in dem Bereich verursacht wird. Dadurch ist der Umriss ihres Zeigefingers nur mit einem konzentrierten Blick zu bestimmen, im Augenwinkel wird die Position des Zeigefingers mal hier, mal dort wahrgenommen, was den Eindruck des Tippens verursacht.

Symbolik des Planeten Erde

Werden nun alle Symbole zusammengeführt, wird final deutlich, dass Leonardo mit der Mona Lisa ein Werk schaffen wollte, das die menschliche Kultur in den Vordergrund stellt, nicht im Detail, sondern im Allgemeinen. Als charakterisierende Aspekte betont Leonardo menschliches Zusammenleben (Mensch, Familie und Nationen), die Religion (Auge des Ra und Noahs Sintflut) und schließlich die Wissenschaft (Verweise auf Platon, Ebbe und Flut, Astronomie). Die phantastische Hintergrundlandschaft des Gemäldes kann so nicht mehr als spezifische Landschaft wahrgenommen werden, sondern sie zeigt ganz allgemein die Erde, was nicht zuletzt durch eine kreisrunde Horizontlinie deutlich wird I (grüne Linie). Die Mona Lisa ist das einzige der zweifelsfrei echten Porträts Leonardos, das eine Landschaft zeigt.

Ausblick

Es entsteht die Vermutung, Leonardo könnte auch seine wenigen anderen Gemälde mit den damals bekannten Planeten verbundenen haben. Planeten wie Merkur, Venus und Mars waren von jeher mit typischen Charakteren und Farben verbunden, ebenso Jupiter und Saturn. Uranus und Neptun wurden erst im 18.Jh. entdeckt, so dass Leonardo insgesamt sechs Gemälde gemalt haben könnte, die den sechs damals bekannten Planeten entsprechen. Allerdings gelten sieben Leonardo Gemälde als zweifelsfrei echt. Eines der sieben würde demnach keinen Planeten symbolisieren.

Das letzte Abendmahl Bildanalyse – Perspektivlinien
Das letzte Abendmahl, Leonardo da Vinci, um 1498
Der Fluchtpunkt der hier gezeigten Perspektivlinien befindet sich nicht wie oft fälschlicherweise angenommen im rechten Auge des Jesus, sondern an der rechten Schläfe. Die Einschlagstelle eines Nagels von dem aus Leonardo die Fäden spannte ist dort noch immer zu erkennen

Das größte Vergnügen ist die Erkenntnis

Leonardo da Vinci

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Quellen

Website des ausstellenden Museums: Louvre-Museum, Paris

Frank Zöllner, Leonardo, Taschen (2019)

Martin Kemp, Leonardo, C.H. Beck (2008)

Charles Niccholl, Leonardo da Vinci: Die Biographie, Fischer (2019)

Johannes Itten, Bildanalysen, Ravensburger (1988)

Robert Descharnes und Gilles Néret, Dali – Das malerische Werk, Taschen (2001)

Die Bibel, Einheitsübersetzung, Altes und Neues Testament, Pattloch Verlag (1992)

Platon, Timaios, Holzinger (2016)

Besonders empfehlenswert

Marianne Schneider, Das große Leonardo Buch – Sein Leben und Werk in Zeugnissen, Selbstzeugnissen und Dokumenten, Schirmer/ Mosel (2019)

Leonardo da Vinci, Schriften zur Malerei und sämtliche Gemälde, Schirmer/ Mosel (2011)

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