Mona Lisa – Leonardo da Vinci

Leonardo da Vinci

Kurzbiografie des Universalgenies

1452

Vinci, Geburt Leonardos

Am 15.4.1452 ­wird Lionardo di Ser Piero da Vinci in dem Dorf Vinci geboren. Leonardo war das uneheliche Kind einer Affäre des Notars Ser Piero mit dem Bauernmädchen Caterina. Kurz nach der Geburt trennten sich die beiden. Für den Vater wäre eine Ehe unstandesgemäß gewesen. Leonardos Familie väterlicherseits war eine altehrwürdige Florentiner Notarsfamilie, sein Großvater hatte es sogar zum Botschafter der Republik Florenz gebracht. Die Familie Vinci war recht wohlhabend und besaß einige Grundstücke in und um Vinci.

Noch im Jahr von Leonardos Geburt heiratet Ser Piero Leonardos Stiefmutter Albiera, die ebenfalls aus einer Notarsfamilie stammte. Leonardos Vater war sehr karrierebewusst und verbrachte wenig Zeit in Vinci. Für uneheliche Kinder war es zu der Zeit üblich, dass sie beim Vater verblieben. So wuchs Leonardo bei seinen Großeltern in Vinci auf. 

Leonardos leibliche Mutter Caterina heiratete fünf Jahre später Achattabriga, einen Bauern der Umgebung und bekam mit ihm vier weitere Kinder. Achattabriga und die Familie Vinci standen über viele Jahre in Kontakt und traten z.B. gegenseitig als Zeugen bei Immobiliengeschäften auf. Da Achattabrigas Bauernhof nur etwa 45 min zu Fuß von Vinci entfernt war, hat Leonardo seine Mutter vermutlich besuchen können. Darüber hinaus ist über Leonardos Kindheit nichts bekannt.

Vinci, der Ort in dem Leonardo da Vinci geboren wurde

1464

Florenz, Ausbildung bei Verrocchio, 12 J.

Gegen 1464 starb Leonardos Großvater, woraufhin ihn sein Vater zu sich ins nahegelegene Florenz holte. Die Handelsmetropole Florenz war eine unabhängige Republik und unterstand keinem Adelshaus. Die sehr erfolgreichen Händler der Stadt hatten zahlreiche Banken gegründet und verliehen Geld nach ganz Europa. Die Florentiner Bankiers gehörten zu den reichsten Personen jener Zeit. Obwohl die Stadt mit ihrem Umland offiziell eine Republik war, wurde sie tatsächlich von der mächtigen Bankiersfamilie Medici beherrscht. Die Medici waren beim Volk beliebt, da sie es an ihrem Reichtum teilhaben ließen. Vor allem taten sie sich als Kunstmäzene hervor und förderten zahlreiche Künstler, z.B. Donatello, Leonardo, Michelangelo und Raffael. 

Als Leonardo nach Florenz geholt wurde, war sein Vater bereits ein angesehener Notar geworden und hatte in der Stadt zahlreiche Verbindungen. So arbeitete er unter anderem direkt für die Stadtregierung von Florenz. Leonardo muss zeichnerisches Talent besessen haben, denn sein Vater konnte ihn bei dem Künstler Andrea del Verrocchio in die Ausbildung geben.

Kathedrale von Florenz
Kathedrale von Florenz
Die vergoldete Kugel auf der Kuppel stammt aus Verrocchios Werkstatt, ist aber nur als Nachbildung erhalten geblieben. Das Original fiel während eines schweren Sturms herunter und wurde zerstört

Verrocchios Werkstatt

Verrocchio war zu dieser Zeit ein europaweit bekannter Künstler, der sich vor allem in der Malerei, Bildhauerei und Architektur hervortat. Verrocchios Werkstatt zählte zu den fortschrittlichsten in Europa. Dort lernte Leonardo die in Italien noch unbekannte Ölmalerei kennen, die von den niederländischen Malern aber bereits verwendet wurde.

Zu Leonardos Lehrzeit wurde die Kuppel der Kathedrale von Florenz fertiggestellt. Auf der Kuppel befindet sich eine etwa 2m hohe vergoldete Kupferkugel, die von Verrocchios Werkstatt angefertigt wurde. Es war damals selbstverständlich, das der Künstler Verrocchio auch die Kräne und Seilzüge baute, um die Kugel auf die Kuppel zu heben. Eine später entstandene Skizze Leonardos zeigt, dass er an dieser Arbeit und den damit verbundenen Konstruktionen beteiligt war und davon zutiefst beeindruckt gewesen sein muss.

Außerdem war Verrocchio für seine Bronzestatuen bekannt. Für einen Bronzedavid aus seiner Werkstatt soll der junge Leonardo Model gestanden haben. Daneben war Verrocchios Werkstatt für die Pflege der Sammlung antiker Statuen der Medici verantwortlich. Dort lernte Leonardo viel über antike Bildhauerei.

Die Werkstatt Verrocchios war europaweit bekannt und Leonardo traf dort zahlreiche später sehr berühmte Maler, unter anderem den etwa 7 Jahre älteren Sandro Botticelli, der Verrocchio zur Hand ging.

David, Andrea del Verrocchio, 1476
Der 14-jährige Leonardo soll für den David Model gestanden haben
Geburt der Venus (Ausschnitt), Sandro Botticelli, um 1485
Leonardo und der sieben Jahre ältere Botticelli wurden zur selben Zeit in Verrocchios Werkstatt ausgebildet

Leonardos Ausbildungsinhalte – Die sieben freien Künste

Die Malerei war nur ein kleiner Teil von Leonardos Ausbildung. Der heutige Begriff Künstlerausbildung ist weit von den Ausbildungsinhalten der damaligen Künstlerwerkstätten entfernt. Ihre Ausbildung orientierte sich an den aus der Antike bekannten "sieben freien Künsten", die in der Form heute nur noch in den USA studiert werden können. Dort wird der Studiengang "Liberal Arts" genannt.

Die sieben freien Künste sind zunächst die drei sprachlichen Themen: Grammatik, Rhetorik und Dialektik bzw. Logik. Das Bemühen um eine kunstvolle Sprache wird in Leonardos Schriften deutlich, wenn er etwa bestimmte Formulierungen durchstreicht und durch bessere ersetzt. Auch ist eine ausgefeilte Rhetorik und Logik in seiner sprachlichen Beweisführung stets präsent. Das damals übliche Latein hat Leonardo nicht bei Verrocchio erlernt, sondern sich später selbst beigebracht.

Daneben umfassen die sieben freien Künste mathematische Themen. Dazu zählen die vier Disziplinen Arithmetik (z.B. Proportionslehre oder praktisches Rechnen), Geometrie (nach dem antiken Mathematiker Euklid), Musik und Notenlehre, sowie Astronomie.

Neben den sieben freien Künsten kamen philosophische Inhalte hinzu, vorwiegend die Schriften der antiken Lehrmeister Sokrates, Platon und Aristoteles, sowie literarische Inhalte, wie die griechische Mythologie, Bibelkunde und Gedichte (besonders populär war der Dichter Petrarca).

Außerdem wurden den Künstlern allerlei praktische Dinge beigebracht. So waren sie in der Lage Maschinen für alle denkbaren Zwecke zu erbauen, z.B. Hebel, Kräne, Uhrwerke oder mechanische Automaten. Leonardo war nicht der einzige Renaissancekünstler, der eine derart umfangreiche Ausbildung erhielt. Sie war typisch für die Künstlerwerkstätten der Renaissance. Auch Brunelleschi, Raffael oder Michelangelo wurden auf diese Art ausgebildet.

Aufgrund seiner Ausbildung konnte Leonardo folgende Berufe ausüben:

  • Maler
  • Bildhauer (spezialisiert auf Bronzeguss)
  • Architekt und Bauingenieur (auf Grundlage seiner Kenntnisse der Geometrie und Materialien)
  • Ingenieur (Herstellen von mechanischen Getrieben und Maschinen)
Skizze für einen Turm, Pariser Manuskripte (Manuskript B, folio 23v)
Der Turm wirkt harmonisch, weil seine Teile in bestimmten Proportionen aufgebaut sind
Leonardo da Vinci Architektur – Grundriss für einen Zentralbau
Grundriss eines Zentralbaus, Pariser Manuskripte (Manuskript B, folio 19r)
Für die Architektur sind geometrische Kenntnisse notwendig
Leonardo da Vinci – Blatt mit Noten
Blatt mit Noten und Bilderrätseln, Leonardo da Vinci
Leonardo war ein guter Musiker und Sänger, der oft mit einer Lyra (Harfe) improvisierte
Leonardo da Vinci - astronomische Zeichnung
Erklärung des fahlen Mondlichts bei Neumond, Codex Leicester, Leonardo da Vinci
Leonardo war ebenso geschult in Astronomie
Leonardo da Vincis Erfindungen - Mechanismus zum Aufrichten einer Säule
Anwendung des Hebelgesetzes zum Aufrichten einer Säule, Codex Madrid I (folio 29r), Leonardo da Vinci
Während die Säule abwechselnd nach links und recht gekippt wird, wird in den jeweils freiwerdenden Raum zwischen Säule und anwachsender Basis ein weiterer Stock geschoben
Leonardo da Vincis Erfindungen - Gliederketten
Gelenk- und Gliederketten, Codex Madrid I (folio 10r), Leonardo da Vinci
Leonardo verfügte über umfangreiche Kenntnisse mechanischer Elemente. Später erfand er zahlreiche neue, z.B. Gelenk- und Gliederketten oder das Kugellager

1472

Florenz, Meisterprüfung, 20 J.

1472 beendet Leonardo seine Ausbildung und trägt den Titel eines Meisters. Maler zählten in jener Zeit zu den Handwerkern und mussten sich in Gilden organisieren. Leonardo wird in die Lukasgilde von Florenz aufgenommen (Compagnia di San Luca). Der Begriff Lukasgilde bezieht sich auf den Apostel Lukas, der als Schutzheiliger der Maler gilt.

Obwohl die Aufnahme bedeutete, dass Leonardo als selbstständiger Maler hätte tätig sein können, arbeitete er fast noch zehn Jahre für Verrocchio. Eigenständige Werke aus dieser Zeit können Leonardo nicht sicher zugeschrieben werden. Es wird vermutet, er hätte an einigen Gemälden Verrocchios aus dieser Zeit mitgewirkt.

Verrochio - Tobias und der Engel
Tobias und der Engel, Andrea del Verrocchio, um 1470–1475
Der wolkenartig gemalte Hund links unten, der Fisch in der linken Hand des Tobias und die Locken des Tobias sollen von Leonardo stammen
Andrea del Verrocchio – Taufe Christi
Taufe Christi, Andrea del Verrocchio, um 1475
Der linke Engel und Teile der Hintergrundlandschaft soll Leonardo gemalt haben

1476

Florenz, Untersuchungshaft, 24 J.

Aufgrund einer anonymen Anschuldigung in einem für diese Zwecke aufgestellten Briefkasten, wird Leonardo zusammen mit drei weiteren Personen beschuldigt mit Jacopo Saltarelli homosexuell verkehrt zu haben. Das war eine fatale Anklage und hätte Leonardos Hinrichtung bedeuten können. Leonardo wurde inhaftiert und es begann ein öffentlicher Prozess. In dessen Verlauf traten bekannte Florentiner als Leumundszeugen für Leonardo auf, unter anderem sein Lehrmeister Verrocchio. Leonardo wurde schließlich freigesprochen. Die Anklage, der öffentliche Prozess und die Gefahr eines frühen Todes müssen auf Leonardo schockierend gewirkt haben. Das von späteren Biografen in Umlauf gebrachte Gerücht, das Leonardo da Vinci schwul war, ist bei objektiver Betrachtung der vermeintlichen Begründungen nicht nachzuvollziehen.

Opfer einer politischen Intrige

Das es sich um eine Verleumdungsklage handelte, wird an den politischen Umständen im Florenz jener Zeit klarer. Grundsätzlich beherrschten zwar die reichen Bankiers Medici die Republik Florenz und waren beim Volk sehr beliebt. Doch wurden sie von rivalisierenden Florentiner Bankiersfamilien mit allen Mitteln bekämpft. So wurde 1478 der Bruder des Familienoberhaupts in der Kathedrale von Florenz erdolcht (Pazzi Verschwörung). In der Folge kam es zu einem Volksaufstand gegen die Verschwörer mit zahlreichen Toten. Einer der Verschwörer, Bernardo Bandini Baroncelli, wurde in Istanbul aufgespürt, nach Florenz überführt und noch mit seinen orientalischen Gewändern gehängt.

Leonardo selbst war durch seine Tätigkeiten für Verrocchio eng mit den Medici verbunden. Und auch ein weiterer Mitangeklagter Leonardos war ein Parteigänger der Medici. Lionardo Tornabuoni stammte aus der derselben Familie wie Lucrezia Tornabuoni, Mutter von Lorenzo dem Prächtigen, dem Oberhaupt der Familie Medici. Vor dem Hintergrund der Machtkämpfe in Florenz wird nun klarer, welche Absicht hinter der anonymen Anzeige steckte. Die Gegner der Medici wollten die Familie vor dem Volk in Misskredit bringen, um sie schließlich aus der Stadt verjagen zu können. Tatsächlich sollte ihnen das auch einige Jahrzehnte später für kurze Zeit gelingen. 

Der gehängte Bernardo Bandini Baroncelli, Leonardo da Vinci, 1479
Links oben hat sich Leonardo die Farben der Kleidung notiert

1476, Geburt des Bruders Antonio

Leonardo ist jetzt 24 Jahre alt. Mit der Geburt seines Halbbruders Antonio verliert Leonardo bei seinem Vater den Status des einzigen Kindes. Das hat vor allem rechtliche Folgen, da Antonio im Gegensatz zu Leonardo ehelich gezeugt wurde und damit Erbansprüche hat. Der Vater sollte über die nächsten 22 Jahre noch 11 weitere Kinder zeugen. Leonardo hatte aufgrund des Altersunterschiedes, der räumlichen Entfernung und seinen vielen Beschäftigungen kein besonders inniges Verhältnis zu den Geschwistern.

1478

Florenz, Selbstständiger Maler, 26 J.

Im Florenz jener Zeit herrschte an großartigen Künstlern kein Mangel und es gab einen hohen Konkurrenzdruck. Als Leonardos Lehrmeister Verrocchio einen großen Auftrag für eine Reiterstatue in Venedig annimmt und es deswegen absehbar wird, dass er Florenz verlässt, beginnt sich Leonardo ab 1478 von Verrocchios Werkstatt zu lösen und bemüht sich um eigene Aufträge. Er gründet eine Werkstatt mit Gehilfen, Pferden, Dienern und nimmt Schüler auf.

Der in Florenz bestens vernetzte Vater unterstützte ihn vermutlich bei der Vermittlung von ersten Aufträgen. Zu dieser Zeit entsteht das unvollendet gebliebene Gemälde "Der heilige Hieronymus". Es zeigt bereits das konsequente Bemühen um anatomische Genauigkeit. Das lässt darauf schließen, dass Leonardo bereits in Florenz anatomische Studien durchführte. Das Öffnen von Leichen war ein riskantes Unterfangen, denn das wurde als Ketzerei verstanden und war verboten. Ausschließlich medizinische Universitäten durften in nur in sehr begrenztem Umfang solche Studien durchführen.

Leonardo da Vinci - Der heilige Hieronymus
Der heilige Hieronymus, Leonardo da Vinci, um 1478-1482
Die Schulterpartie demonstriert Leonardos anatomische Kenntnisse

Harte Anfangsjahre

Ein weiteres Gemälde dieser Zeit ist die um 1481 begonnene "Anbetung der Könige“, die er für die Kirche San Donato a Scopeto, etwas außerhalb von Florenz, anfertigt. Auch dieses Gemälde blieb unvollendet. Die Vertragsbedingungen zeigen, dass Leonardo zu der Zeit jeden Auftrag annehmen musste, um über die Runden zu kommen. Für die "Anbetung der Könige" bekam er zwar wertvolles Land, durfte das aber frühestens in drei Jahren verkaufen. Außerdem musste er vorab die Hälfte des Grundstückswertes einer den Auftraggebern bekannten Witwe spenden. In der Zwischenzeit musste er aber die Farben, Gehilfen usw. aus eigenen Mitteln bezahlen. Leonardos finanzielle Situation war in dieser Zeit sicher nicht einfach. 

Leonardo da Vinci - Anbetung der Könige
Anbetung der Könige, Leonardo da Vinci, um 1481
Auch dieses Gemälde blieb unvollendet

1482

Mailand, selbstständiger Maler, 30 J.

Leonardos Anklage wegen Homosexualität, die stadtweiten Unruhen nach dem Medici Attentat, Verrocchios Umzug nach Venedig und die schlechte Auftragslage in Florenz haben Leonardo wohl veranlasst, darüber nachzudenken, Florenz zu verlassen.

Im Jahr 1482 bricht er nach Mailand auf. Es existiert ein Brief von Leonardo an Ludovico Sforza, dem damaligen Herrscher von Mailand, in dem er sich anbietet, ihm eine Reiterstatue zu bauen. Für dieses Projekt hatte der Herzog trotz langjähriger Suche noch keine geeigneten Künstler gefunden. Außerdem bot Leonardo sich dem Herzog als Kriegsingenieur an. Ob der Brief tatsächlich abgeschickt wurde, ist jedoch unklar.

In einer anderen Version zum Grund des Aufbruchs nach Mailand hat Leonardo eine florentinische Gesandtschaft begleitet, um dem Herzog ein selbstgebautes Musikinstrument als Geschenk zu überreichen. Möglicherweise hatte Leonardo auch einen gutbezahlten Auftrag in Mailand in Aussicht.

Felsgrottenmadonna – Das erste Meisterwerk

Sicher ist, das Leonardo jedenfalls nicht sofort für den Mailänder Herzog arbeitet. Er beginnt zunächst als selbstständiger Maler und fertigt im Auftrag der Bruderschaft der unbefleckten Empfängnis mit der Felsgrottenmadonna das erste zweifelsfrei echte Leonardo-Gemälde. Das Gemälde war für diese Zeit von bahnbrechender Eleganz und wurde als so außergewöhnlich schön betrachtet, dass sich schnell andere Interessenten dafür fanden. Daher wurde es kurz nach der Fertigstellung, statt es wie vorgesehen an die Mönche auszuliefern, an einen heute unbekannten Privatmann für ein weit höheres Gebot verkauft. Es folgte ein jahrzehntelanger Rechtsstreit mit den Mönchen, der schließlich dazu führte, dass etwa 25 Jahre später, eine zweite, leicht veränderte, Version der Felsgrottenmadonna angefertigt wurde, die die Mönche als Entschädigung erhielten.

Leonardo da Vinci – Felsgrottenmadonna
Felsgrottenmadonna, 1483-1486, Leonardo da Vinci
Ein Gemälde dieser Qualität war in der italienischen Malerei nie zuvor gesehen worden

1485, Die Pest in Mailand

Mailand gehörte im 15. Jh. mit ungefähr 100.000 Einwohnern zu den fünf größten Städten Europas. Die Stadt war dicht bebaut und die hygienischen Zustände mangelhaft. Ratten waren allgegenwärtig. 1485 kommt es dann in Mailand zu einer großen Pestepidemie mit vielen Toten. Die Panik ist groß und es kommt nicht selten vor, dass Erkrankte in ihren Häusern eingemauert werden, um die todbringende Krankheit einzudämmen.

Unter diesem Eindruck beginnt Leonardo Überlegungen zu einer idealen Stadt. Dabei geht es ihm vor allem darum, die Stadt durch ein ausreichendes Kanalisationssystem und eine Regelung zur Müllabfuhr sauberer zu machen.

Leonardo da Vinci Architektur – Entwurf einer idealen Stadt
Straßen in einer idealen Stadt, Pariser Manuskripte (Manuskript B, folio 16r)
Leonardo wollte Abwässer über ein Kanalsystem ableiten
Leonardo da Vinci Architektur – Entwurf einer idealen Stadt
Straßen in einer idealen Stadt, Pariser Manuskripte (Manuskript B, folio 36r)
Hier ist zu sehen, dass Leonardo die Wege für Spaziergänger (oben) und Pferdewagen (unten) trennen wollte

1487

Mailand, Am Hof des Herzogs, 35 J.

1486 waren die Arbeiten an der Felsgrottenmadonna abgeschlossen. Daraufhin, möglicherweise auch schon vorher, wurde Leonardo gegen 1487 Mitglied des Mailänder Hofstaats.

Der Herrscher von Mailand war Ludovico Sforza, ein skrupelloser Politiker, dem zum Machterhalt jedes Mittel recht war. Rechtlich gesehen nur Regent für seinen noch minderjährigen Neffen Gian Galeazzo, wurde Ludovico nach dessen überraschenden Tod 1494 rechtmäßiger Herzog von Mailand. Die Umstände des Todes von Gian Galeazzo wurden nie aufgeklärt. Vermutlich wurde er vergiftet, als er Thronansprüche geltend machte und auch andere Fürsten das Ende der Regentschaft von Ludovico forderten.

Zunächst ein Verbündeter Frankreichs, unterstützte Ludovico Sforza 1494 einen Feldzug gegen das Königreich Neapel, dass das Ende seiner Herrschaft forderte. Als Frankreich auf diesem Feldzug, sozusagen im Vorbeigehen, sämtliche Stadtstaaten Norditaliens überwältigte und für Ludovico zur Bedrohung wurde, schloss er sich im folgenden Jahr einer internationalen Allianz gegen Frankreich an, das 1495 besiegt wurde und sich aus Italien zurückziehen musste. Einen zweiten Angriff Frankreichs im Herbst 1499 hatte der Herzog allerdings nichts mehr entgegenzusetzen und er musste aus Mailand fliehen. Mit Hilfe von Schweizer Söldnern konnte er im Frühjahr 1500 für wenige Monate an die Macht zurückkehren, wurde aber verraten und geriet in französische Gefangenschaft. Er starb 1508 in Kerkerhaft.

Sforza-Altar
Sforza Altar (Ausschnitt), unbekannter Meister, 1494
Eine der wenigen Abbildungen Ludovico Sforzas. Hier mit seiner Ehefrau Beatrice d‘Este und seinen zwei Söhnen. Der ältere Sohn (links) stammt von seiner Mätresse Cecilia Gallerani

Leonardos Waffen für Ludovico Sforza

Die Jahre von Ludovicos Herrschaft waren geprägt von der Angst vor einer französischen Invasion, da die französischen Könige sich zunehmend in der italienischen Politik engagierten. In dieser Situation brauchte Ludovico fähige Kriegsingenieure, die neuartige Waffen oder Taktiken entwickelten, um seine Feinde zu besiegen.

Es verwundert daher nicht, dass Leonardo auch in seinen zivil nutzbaren Geräten stets den militärischen Nutzen hervorhob, um sich beim Herzog beliebt zu machen. Bereits in seinem (möglicherweise nie abgeschickten) Bewerbungsbrief für den Mailänder Hof hatte Leonardo seine Fähigkeiten als Kriegsingenieur betont. Er preiste seine Fähigkeit an, leicht aufzubauende Brücken herzustellen und hob hervor, dass er Belagerungswaffen, Kanonen, Bombarden und Panzer aller Art bauen könne und sich auch in der Seekriegsführung gut auskenne.

Leonardo da Vinci - Zeichnung einer selbsttragenden Brücke
Die Leonardo Brücke,
Dafür müssen nur Äste in dieser Art übereinander gelegt werden. Seile, Nägel oder Leim sind nicht notwendig
Durch Anbohren von Befestigungen mit Holzwänden konnten auf diese Weise Leitern entstehen
Leonardo da Vinci – Zeichnung eines Panzers
Leonardos Panzer
Leonardo da Vincis Erfindungen – Zeichnung eines U-Boots
Leonardos U-Boot

1487, Bekanntschaft mit Bramante

Leonardo und Donato Bramante lernten sich am Mailänder Hof kennen. Bramante war ein vielbewunderter Architekt, der bereits seit 1476 am Mailänder Hof tätig war. Als sein größter Entwurf gilt der heutige Petersdom, der ab 1506 in Rom gebaut wurde. Nach seinem Tod 1514 führte Raffael die arbeiten fort, Jahrzehnte später war Michelangelo verantwortlich für die Großbaustelle.

Leonardo und Bramante kannten einander gut, erhalten gebliebene Briefe lassen auf eine enge Zusammenarbeit schließen. So reisten sie unter anderem 1490 zusammen nach Pavia, um dort als Berater die Arbeiten am Dom zu unterstützen. Inwiefern Leonardo Einfluss auf Bramante hatte oder umgekehrt, ist hinsichtlich der den beiden Künstlern eigenen Liebe zur Geometrie schwer zu sagen. Es lässt sich jedoch nicht übersehen, dass Leonardos bevorzugte Entwürfe eben jene Kuppelsilhouetten zeigen, die heute noch typisch für den Petersdom ist. 

Leonardo trat nie direkt mit einem großen architektonischen Projekt in Erscheinung und wirkte vielmehr als Bauingenieur, Gutachter und Bauwissenschaftler. Zwar bemühte er sich um prestigeträchtige Aufträge, wie den Entwurf und die Ausführung der Kuppel des Mailänder Doms, doch wurde sein Entwurf von der verantwortlichen Bauhütte abgelehnt. Unstrittig hingegen ist Leonardos Beteiligung an der architektonischen Planung der berühmten Loire Schlösser des französischen Königs Franz I. Vor allem die damals neuartige zentrale Doppeltreppe im Schloss Chambord entspricht Leonardos Ästhetik.

Leonardo da Vincis Architektur - Entwurf eines Kuppelbaus
Kuppelbau, Pariser Manuskripte B (folio 24r), Leonardo da Vinci
Die Form dieses Entwurfs erinnert stark an den Petersdom. Bramante hatte ursprünglich wie hier vor, einen länglichen Anbau hinzuzufügen
Leonardo da Vinci Architektur – Kuppelbau
Kuppelbau, Pariser Manuskripte B (folio 22r), Leonardo da Vinci
Leonardo bevorzugte den Zentralbau, das heißt die vier Ecken des Grundrisses sollten in einen Kreis eingepasst sein
Leonardo da Vinci Architektur – Entwurf eines Kuppelbaus
Kuppelbau, Pariser Manuskripte B (folio 22r), Leonardo da Vinci
Leonardo zeichnete etliche Varianten, die sich grundsätzlich sehr ähneln
Petersdom
Petersdom, Rom
Der zugrundeliegende Entwurf für den Neubau stammte von Bramante. Er überwachte die 1506 begonnenen Bauarbeiten. Nach seinem Tod folgte ihm Raffael. Zwei Jahrzehnte später wurde Michelangelo deren Nachfolger auf der Großbaustelle. Die Bauzeit des Doms betrug 120 Jahre

1488, Das Reiterstandbild der Sforzas

1488 beginnt Leonardo mit Studien und Entwürfen zu dem Reiterstandbild für Francesco Sforza, dem Vater von Ludovico. Zunächst entwickelt er einen Entwurf mit einem sich aufbäumenden Pferd, verwirft diesen dann aber, da ein solches Modell im Bronzegussverfahren schwer auszubalancieren wäre und umstürzen könnte. Stattdessen orientiert sich Leonardo an zeitgemäßen Skulpturen dieser Art, nur soll seine Reiterstatue die größte der damaligen Welt werden. Das Pferd sollte vom Boden bis zum Kopf eine Höhe von sieben Metern haben. In welcher Art Leonardo Francesco Sforza darstellen wollte, ist anhand der erhalten gebliebenen Zeichnungen nicht mehr genau zu bestimmen.

Nachdem Ludovico Sforza zwischendurch Zweifel gekommen waren, ob Leonardo der richtige für den Auftrag wäre und er sich bereits nach Alternativen erkundigt hatte, wurde 1494 das originalgetreue Gipsmodell enthüllt, dass als Vorlage für die Gussform dienen sollte. Für den Guss wurde die damals enorme Menge von 70t Bronze herangeschafft. Allerdings brach 1495 ein Krieg mit Frankreich aus und die Bronze wurde kurzfristig für Kanonen zweckentfremdet. Bei der Einnahme Mailands durch die Franzosen wurde Leonardos Gipsmodell 1499 durch randalierende Truppen zerstört.

Cavallo Leonardo, Mailand
Cavallo Leonardo, Mailand (originalgetreue Replik nach Skizzen Leonardos)
Größenvergleich mit einem ca. 1,80m großem Mensch (vertikaler weißer Streifen am rechten Bildrand)

1489, Umzug in den Corte Vecchia

Leonardos Stellung am Mailänder Hof festigt sich. Ludovcio zahlt ihm ein großzügiges Gehalt und Leonardo wird in Mailand recht vermögend. Allerdings erfolgen die Zahlungen nicht regelmäßig, so dass ein Brief an den Herzog erhalten ist, in dem Leonardo sich beschwert, dass er noch den Lohn von zwei Jahren zu bekommen habe.

Um Platz für die Arbeiten an der Reiterskulptur zu haben, stellt Ludovico Sforza Leonardo Räume im Corte Vecchia (ital. 'alter Hof') zur Verfügung. Der Palast der ehemaligen Herrscherfamilie Visconti hatte einen großen Innnenhof, der von außen nicht eingesehen werden konnte, also ideal zum Erproben von Maschinen, die noch nicht für die Augen der Öffentlichkeit bestimmt waren. Neben Leonardo wohnte zeitweise auch der Neffe Ludovicos dort, Gian Galeazzo Sforza, der eigentlich rechtmäßige Herzog von Mailand. Der Palast ist heute nicht mehr erhalten.

1490, Leonardos Schüler Salai

Salai (arab./ital. 'kleiner Teufel, Kobold') war der Rufname von Gian Giacomo Caprotti. Leonardo nahm den zehnjährigen Salai 1490 als Schüler in seine Werkstatt auf. 10-14 Jahre war ein typisches Ausbildungsalter. Salais Wirken als Maler gilt als unbedeutend, kein Gemälde kann eindeutig ihm zugeschrieben werden. Bekannt ist er vor allem deswegen, weil er Leonardo bis zu seinem Tode begleitete und von ihm in seinem Testament bedacht wird. Und das trotz der ständigen Diebstähle des jungen Salais, über die sich Leonardo in seinen Notizen beklagt. Zwei spätere Biografen Leonardos (Vasari/ Lomazzo) werden so interpretiert, dass Leonardo schwul war und eine Beziehung mit Salai gehabt habe. Bei näherer Betrachtung handelt es sich jedoch um Fehlinterpretationen bzw. gezielte Rufmordkampagnen.

Vielmehr scheint Salai angesichts seines geringen malerischen Talents und in Ermangelung besserer Verdienstmöglichkeiten bei Leonardo geblieben zu sein. In den Quellen tritt der ältere Salai dann auch hauptsächlich als Bote in Erscheinung. Auch ein anderer Schüler Leonardos, der Edelmann Francesco Melzi, begleitete Leonardo bis zum Tod, so dass dies allein kein Hinweise auf eine schwule Ehe Leonardos mit Salai sein kann. Auch ist aus Leonardos Testament keine besondere Stellung Salais herauszulesen. Er bekommt die Hälfte eines Grundstücks, die andere Hälfte geht an Leonardos Diener Vilanis. Und schließlich geht aus notariellen Dokumenten hervor, dass Salai zum Zeitpunkt seines Todes (1524) mit einer Bianca de Anono verheiratet war.

1490, Porträt der Cecilia Gallerani

Ludovico Sforza war der uneingeschränkte Herrscher von Mailand. Das zeigt sich auch in seinen Beziehungen zu Frauen. Ihnen gegenüber verhielt er sich rücksichtslos. Seine hochadelige Ehefrau Beatrice d'Este heiratete er 1491, während seine Mätresse Cecilia Gallerani von ihm im fünften Monat schwanger war. Auch nach der Hochzeit lebte die hochschangere Cecilia noch einige Monate am Hof, was für die frisch verheiratete Beatrice sehr demütigend gewesen sein muss. 

Leonardo begann um 1489 das Porträt der Cecilia Gallerani, der Dame mit dem Hermelin. Das Hermelin ist sowohl eine Anspielung auf ihren Nachnamen – das altgriechische Wort für Wiesel lautet galê bzw. galéē – als auch auf Ludovico Sforza, der ein Jahr zuvor in den Hermelinorden aufgenommen wurde. Daher trug er den Beinamen "Weißes Hermelin". Das Cecilia während der Entstehung des Gemäldes schwanger wurde und das Hermelin von alters her das Schutztier der Schwangeren ist, gilt als einer jener magischen Zufälle, die im Zusammenhang mit Leonardos Gemälden häufig anzutreffen sind.

Dame mit dem Hermelin – Leonardo da Vinci
Dame mit dem Hermelin, Leonardo da Vinci, um 1490
Das Gemälde zeigt Cecilia Gallerani, eine Mätresse des Herzogs

1490, La Festa del Paradiso

Am 13.1.1490 findet am Hof von Ludovico Sforza die von Leonardo inszenierte "Festa del Paradiso" statt (ital. 'Paradiesfest'). Das Fest wurde so legendär, dass Leonardo es 25 Jahre später für den französischen König Franz I. erneut inszenieren musste. Anlass des Festes war die ein Jahr zuvor geschlossene Ehe zwischen Isabella de Aragón und dem noch minderjährigen Gian Galeazzo Sforza, rechtmäßiger Herzog von Mailand. Von dem Fest selbst sind nur sehr wenige Details überliefert.

Das Fest war angelegt als ein gewaltiges Theaterstück. Die Gäste wurden in einer vorgegebenen Reihenfolge zu ihren Plätzen geführt. Alle Diener waren als Sterne verkleidet. Den Raum dominierte eine große Bühne, die sich anfangs hinter einem Satinvorhang verbarg. Bei Einbruch der Dämmerung sprach ein Engel, und zu den Klängen eines Chores fiel der Vorhang, hinter dem sich das Paradies verbarg. Es hatte die Form eines halbierten Eis, dessen Innenseite ganz vergoldet war, mit unzähligen Lichtern als Sterne und einigen Nischen, in denen sich die sieben Planeten befanden, je nach ihrem Rang oben oder unten. Den Rand des oberen Halbkreises entlang waren die zwölf Tierkreiszeichen mit Lichtern, die in Glas eingeschlossen waren, was galant und schön anzusehen war. In diesem Paradies waren viele Gesänge und süße, sanfte Klänge zu hören.

Die sieben Planeten waren als Götter personifiziert. Sie standen auf einer gewaltigen Maschine, die sie wie in einem Riesenrad bewegte. Jupiter in der Mitte, um ihn herum Merkur, Venus, Mars, Saturn, Apollon als Sonne und Diana als Mond. Die jugendlich schönen Darsteller standen in einer halboffenen Kugel und waren vollständig mit weißer Farbe bemalt und mit nur wenigen weißen Stoffen verhüllt, dazu hielten sie eine große, weiße Wachskerze und das jeweilige Attribut der Götter, die sie repräsentierten. Jedes Mal, wenn sich ein Planet der Braut Isabella näherte, trat das zugehörige göttliche Wesen aus der Kugel hervor und sang die vom Hofdichter Bellincioni gedichteten Verse. Diese Verse waren göttliche Loblieder auf die Vermählten, so preiste die Venus die Schönheit der Braut und Apollon ihre Begabungen. Zu den Versen tanzten anmutige Grazien. Schließlich verließ die Braut das Fest auf einem Weg aus Kerzen, die nach und nach hinter ihr erlöschten.

Insgesamt stellte die Bühne also ein stilisiertes Auge dar: die äußere Form entsprach einem halbierten Ei und in der Mitte gab es ein riesenradartiges Gebilde. Das Paradiesfest ist nicht das einzige Fest das Leonardo inszenierte, aber das bekannteste. Aus seinen Notizbüchern ist bekannt, dass er zu anderen Anlässen einen mechanischen Löwen, ein aufziehbares Automobil und einen mechanischen Ritter entwarf. Leonardos Erfindungen dieser Art sollten das Publikum erheitern und in Erstaunen versetzen.

Leonardo da Vinci Feste – Festa del Paradiso
Studie dreier tanzender Figuren, Leonardo da Vinci

1494, Tod der Mutter

Im Sommer 1493 notiert sich Leonardo, dass eine Caterina zu ihm nach Mailand gekommen ist. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass es sich dabei um seine Mutter handelt. Vier Jahre zuvor war ihr Mann Achattabriga gestorben, ihre anderen Kinder hatten vermutlich geheiratet und waren außer Haus. Wahrscheinlich konnte sie daraufhin ihren Bauernhof nicht mehr allein bewirtschaften und benötigte Fürsorge. Aus den Unterlagen einer nahegelegenen Kirche geht hervor, dass sie im Jahr darauf am 26.6.1494 an Wechselfieber stirbt (Malaria). Leonardo erstellt eine Liste mit den Kosten der Beerdigung. Seine Mutter wurde etwa 67 Jahre alt.

1497, Das Porträt La Belle Ferroniere

1497 starb Ludovicos Ehefrau Beatrice bei der Geburt ihres dritten Kindes. Der Herzog gab sich zwar in großer Trauer, doch die Hofdame seiner verstorbenen Ehefrau, Lucrezia Crivelli, gebar ihm nur zwei Monate später den ersten von zwei weiteren Söhnen. 

Mit hoher Wahrscheinlichkeit zeigt das Gemälde La Belle Ferroniere Ludovicos Mätresse Lucrezia Crivelli. Der Name "La Belle Ferroniere" geht zurück auf eine Verwechslung des Malers Jean-Auguste-Dominique Ingres, der um 1800 einen Kupferstich nach Leonardos Gemälde anfertigte und es irrtümlich mit einer legendären Geliebten des französischen Königs Franz I., in Verbindung brachte. Das Gemälde wurde daraufhin das meistbesuchte Gemälde des gerade entstandenen Louvre Museums in Paris.

La Belle Ferroniere – Leonardo da Vinci
La Belle Ferronière, um 1490-1499, Leonardo da Vinci
Das Gemälde zeigt mit der Hofdame seiner Ehefrau Beatrice, Lucrezia Crivelli, eine weitere Mätresse des Herzogs

1498, Das Letzte Abendmahl

Obwohl die Felsgrottenmadonna bereits als Meisterwerk betrachtet wurde, war das Gemälde international wenig bekannt. Das letzte Abendmahl galt schließlich als der Durchbruch, der europaweit Leonardos Ruf als Meistermaler begründete. Das Wandgemälde gefiel dem damaligen französischen König Ludwig XII. sogar so gut, dass er prüfen ließ, ob es nach Frankreich verbracht werden könne.

Das mit Abstand größte der Leonardo Gemälde (9m breit) ­wurde von Ludovico Sforza beauftragt und sollte den Speisesaal der Mönche in der soeben fertiggestellten Mailänder Kirche Santa Mairia delle Grazie zieren. Leonardos Ölmalerei war aber für den feuchten Raum nicht die geeignete Technik und so begann das Gemälde rasch zu verfallen. Bereits zwanzig Jahre später berichteten Zeitzeugen, dass das Gemälde kaum noch zu erkennen sei. Heute wird geschätzt, dass nur noch 80 Prozent der ursprünglichen Pigmente vorhanden sind, was aber durch den unermüdlichen Einsatz der Restauratoren so gut wie möglich kaschiert wird. Die zugemauerte Tür am unteren Bildrand wurde erst 1652 eingezogen, ein Teil des Gemäldes dabei dabei zerstört. 

Das letzte Abendmahl mit umgebender Architektur – Leonardo da Vinci
Das letzte Abendmahl, Leonardo da Vinci, 1495-1498
Das Gemälde ist das einzige Wandgemälde, das Leonardo vollendete. Es ist zugleich das mit Abstand größte Gemälde, das er malte. Die Lünetten über dem Gemälde wurden auch von Leonardo gemalt. Sie zeigen die Wappen der Familie Sforza

1498, Bekanntschaft mit Luca Pacioli

Um 1498 kommt Luca Pacioli an den Hof des Mailänder Herzogs. Pacioli war ein bedeutender Mathematiker und Humanist. Er schrieb ein sehr einflussreiches Buch über den goldenen Schnitt, "Divina Proportione" (ital. 'Göttliche Proportion', vollendet 1498, veröffentlicht 1509), das Leonardo in Teilen illustrierte. Außerdem ein Werk mit einer Zusammenfassung der Arithmetik seiner Zeit. Sein bekanntestes Werk aber ist das über die doppelte Buchführung. Pacioli hat die doppelte Buchführung zwar nicht erfunden, aber sein erklärendes Buch verbreitete sich rasch und machte das Prinzip europaweit bekannt. 

Pacioli und Leonardo verband über die Liebe zur Mathematik hinaus auch die Liebe zur Malerei. Pacioli war ein Schüler des malenden Mathematikers Piero della Francesca. Francescas Gemälde "Pala Montefeltro" zählt zu den schönsten Werken der Frührenaissance. Er war ein Pionier in der korrekten Anwendung der Perspektive und verfasste dazu wissenschaftliche Abhandlungen, die zum Teil unverändert in Paciolis Divina Proportione übernommen wurden. Pacioli selbst trat nicht als Maler in Erscheinung. Bemerkenswert ist, das er, wie Leonardo, seine Schriften nicht wie damals üblich in Latein verfasste, sondern im üblichen italienisch. Er wollte damit sicher den Kreis der Leserschaft erhöhen. Vermutlich war ihm die langfristige Wirkung des soeben entwickelten Buchdrucks bewusst.

Leonardo da Vinci - Divina Proportione, Kugel
Kugel, Illustration 41 zu Paciolis Buch "Divina Proportione", Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci – Dodekaeder für Luca Paciolis Buch Divina Proportione
Dodekaeder, Illustration 28, Die skelettförmige Darstellung ist eine Erfindung Leonardos
Leonardo da Vinci – Ikosaeder für Luca Paciolis Buch Divina Proportione
Ikosaeder, Illustration 22
Leonardo da Vinci – Oktaeder für Luca Paciolis Buch Divina Proportione
Oktaeder, Illustration 16
Leonardo da Vinci – Tetraeder für Luca Paciolis Buch Divina Proportione
Tetraeder, Illustration 2
Leonardo da Vinci – Würfel für Luca Paciolis Buch Divina Proportione
Würfel, Illustration 8

Der Vitruvianische Mensch

Im Zusammenhang mit Paciolis Buch über den goldenen Schnitt steht Leonardos Vitruvianischer Mensch. Er ist nach dem antiken Architekten Vitruv benannt. Vitruv schrieb ein Buch über Architektur, in dem er unter anderem empfiehlt die Proportionen von Gebäuden an den Proportionen von Menschen auszurichten. Zur Erklärung fügt er ein System aus Proportionen des Menschen bei, etwa dass die Höhe des Menschen durch Kopfende, Brusthöhe, Hüfthöhe, Knie und Fußende in vier gleichgroße Längen geteilt wird.

Pacioli übernimmt diese Ausführungen Vitruvs wörtlich. Ebenso ist Leonardos Vitruvianischer Mensch mit Vitruvs Regeln beschriftet. Es ist daher denkbar, das der Vitruvianische Mensch ebenso als Illustration für Paciolis Buch gedacht war, wie Leonardos geometrische Figuren.

Vitruvianischer Mensch – Leonardo da Vinci
Der Vitruvianische Mensch, Leonardo da Vinci

1499, Schenkung eines Weinbergs

Ludovico Sforza schenkt Leonardo am 26.4.1499 einen Weinberg am Stadtrand von Mailand. Leonardo verpachtet ihn an seinen Schüler Salai, der wiederum seinen Vater darauf wohnen lässt.

1500

Norditalien, Wanderjahre, 48 J.

Als sich im Herbst 1499 französische Truppen Mailand nähern, flieht Ludovico Sforza. Leonardo hatte dem Herzog mehr als zehn Jahre gedient und stand nun ohne Dienstherren da. Er beschließt Mailand zu verlassen und verkauft alles, was sich nicht transportieren lässt, überweist sein Geld auf seine Bank in Florenz und verlässt Mailand zusammen mit Luca Pacioli und den Angehörigen seiner Werkstatt. 

Leonardo scheint dabei keineswegs in Panik gehandelt zu haben, denn er notiert sich, dass er in Rom mit den französischen Feldherren Graf Ligny zusammentreffen und diesen dann nach Neapel begleiten wolle. Angesichts der Bewunderung des französischen Königshauses für Leonardos Abendmahl hoffte er sicherlich, in ihnen einen neuen Auftraggber zu finden. Die Suche nach neuen Auftraggebern wird die kommenden Jahre bestimmen.

1500, Aufenthalt in Mantua

Da Graf Ligny Italien sehr schnell wieder verlässt, reist Leonardo stattdessen nach Mantua zu der Herzogin Isabella d'Este. Sie ist die Schwester von Beatrice d'Este, der drei Jahre zuvor verstorbenen Ehefrau von Ludovcio Sforza. Sie bewundert Leonardos Malerei und möchte ein Porträt von ihm. Sie kannte Leonardos Porträt der Dame mit dem Hermelin, dass sie sich zwei Jahre zuvor von Cecilia Gallerani geliehen hatte. Leonardo fertigt eine Profilzeichung von Isabella d'Este an und reist dann weiter nach Venedig.

Isabella d' Este, Herzogin von Mantua
Studie zum Porträt einer Dame (Isabella d' Este?), Leonardo da Vinci zugeschrieben
Porträts im Vollprofil, empfand Leonardo als ausdrucksarm und hat sie in keinem seiner Gemälde gezeigt

1500, Venedig

Ein Aufenthalt Leonardos in Venedig ist nicht eindeutig belegbar. Erhalten ist aber ein Brief an die Stadtregierung von Venedig. Darin macht Leonardo Vorschläge zur Abwehr einer von den Venezianern befürchteten osmanischen Invasion, die bereits bedrohlich nah an die Grenzen der Republik gekommen waren. Leonardo will sie an einem durch Staudämme verbreiterten Fluss aufhalten, der zudem umgelenkt wurde. Auf dem Wasser sollen allerlei Hölzer und Stämme treiben. Dann deutet er an, bei einer osmanischen Invasion die Staudämme zerstören zu wollen und damit die feindlichen Armeen zu überfluten. 

Eine ähnliche Strategie wendeten die Holländer 1672 an, als sie die vorrückenden Franzosen dadurch aufhielten, das sie weite Teile des Landes überfluteten ("Holländische Wasserlinie").

Darstellungen von einer Sintflut, Leonardo da Vinci

1500, Florenz

Nach fast zwanzig Jahren kehrt Leonardo zurück nach Florenz. In seiner Heimatstadt beginnt er die Arbeiten an einem Gemälde mit der heiligen Anna. Die heilige Anna war die Großmutter von Jesus Christus und Schutzheilige von Florenz. Außerdem war Anna der Name der damaligen französischen Königin Anne de Bretagne. Es ist bis heute unklar in wessen Auftrag Leonardo mit dem Werk begann. Das französische Königshaus und die Regierung von Florenz werden ebenso genannt, wie Florentiner Mönche. Möglicherweise schuf Leonardo das Gemälde auch aus eigenem Antrieb.

Die Arbeit an dem Gemälde geht allerdings langsam voran. Als sich Isabella d'Este brieflich nach ihrem Porträt erkundigt, wird ihr geantwortet, dass Leonardo sich hauptsächlich mit Geometrie beschäftigt. Außerdem überwache er die Arbeit seiner Werkstatt an zwei Madonnen für Florimond I. Robertet, den Finanzsekretär des französischen Königs. Damit waren die zwei Versionen der "Madonna mit der Spindel" gemeint.

Anna Selbdritt, Burlington House Karton – Leonardo da Vinci
Anna selbdritt (Burlington House Karton), Leonardo da Vinci, um 1500-1502
Madonna mit der Spindel
Madonna mit der Spindel, 1501, Werkstatt Leonardo da Vincis

1501, Reise nach Rom

Einer datierten Notiz im Codex Atlanticus ist zu entnehmen, dass Leonardo sich am 2.3.1501 in Rom aufhielt, wo er sich die Hadriansvilla bei Tivoli besuchte (auch Villa Adriana). Auch wenn das Gelände zum Teil verfallen ist, ist es durch die noch erhaltenen Gebäude, Monumente und Statuen ein beeindruckendes Zeugnis der antiken römischen Kultur. Die Bezeichnung Hadrianvilla ist dabei irreführend, da es sich vielmehr um eine weitläufige Palastanlage handelte, mit eigenem Theater und großer Pferderennbahn. Das Anwesen war als Alterssitz des Kaisers Hadrian gedacht (76-138), unter dessen Herrschaft das antike römische Weltreich seine größte Ausdehnung hatte. 

1502, Reise durch Mittelitalien

1502 tritt Leonardo in die Dienste von Cesare Borgia, Sohn des Papstes und Befehlshaber der päpstlichen Armee. Er begleitete diesen etwa ein Jahr lang bei seinen Feldzügen. Hauptsächlich kartographiert er die Landschaft Norditaliens und macht Vorschläge zu geeigneten Befestigungen, um die Herrschaft des Kirchenstaates über die eroberten Gebiete zu sichern. Mit dem Stadtplan von Imola entsteht dabei die erste detaillierte Stadtkarte der Welt. Um die Stadt genau vermessen zu können, baute Leonardo einen kleinen Wagen mit einem Kilometerzähler (Hodometer) nach Beschreibungen des antiken gelehrten Architekten Vitruv.

Karte des Chiana-Tals (Toskana), Leonardo da Vinci
Stadtplan von Imola, um 1502
Der Stadtplan gilt als der erste detaillierte Stadtplan der Welt

1503

Florenz, Rückkehr nach Florenz, 51 J.

Zurück in Florenz erhält Leonardo von der florentinischen Stadtregierung den Auftrag zu dem Gemälde "Die Schlacht von Anghiari“. Das auf etwa 7 m Breite angelegte Wandgemälde war für den Palazzo Vecchio geplant, dem Sitz des florentinischen Parlaments und sollte an einen großen militärischen Sieg der Republik Florenz erinnern. Dieser Auftrag war wohl als Künstlerwettbewerb angelegt, denn auch der ebenfalls sehr berühmte Künstler Michelangelo erhielt einen Auftrag im selben Saal, an der gegenüberliegenden Wand, ein Gemälde zu einer anderen bedeutenden Schlacht, der "Schlacht bei Cascina" zu malen. Legendär ist die Abneigung, die die beiden Künstler füreinander empfunden haben sollen. Die Gemälde der beiden Ausnahmekünstler waren wegen Wandnässe von erheblichen technischen Problemen begleitet und wurden nicht vollendet. Leonardos, sowie Michelangelos Entwurf sind heute nur noch als vorbereitende Studien erhalten.

Tavola Doria - Leonardo da Vinci
Schlacht von Anghiari (Tavola Doria), um 1503
Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der etwa 1m breiten Holztafel um eine vorbereitende Studie des heute verschollenen Gemäldes

1503, Anna selbdritt (finale Version)

Leonardo verwirft den ersten Entwurf eines Gemäldes mit der heiligen Anna (Burlington House Karton) und beginnt mit der der Anna selbdritt sein farbenfrohestes Gemälde. Der Name selbdritt bezieht sich auf die altdeutsche Bezeichnung für "zu dritt (dargestellt)"

In dieser finalen Version entfernt Leonardo den Johannesknaben und ersetzt ihn durch ein Lamm, dass auf die Passion Christi verweisen soll. Außerdem ordnet er die Figuren neu an, so dass die Dynamik der Bewegung zum bestimmenden Motiv des Bildes wird. Das Gemälde ist in seiner Symbolik äußerst rätselhaft und hat einen beinah mystischen Charakter. Es wurde von den Schülern von Leonardos Werkstatt mindestens viermal sehr genau kopiert.

Leonardo da Vinci – Anna Selbdritt
Anna selbdritt, Leonardo da Vinci, 1503-1519

1503, Porträt der Lisa del Giocondo

Leonardo porträtiert die adelige Florentinerin Lisa del Giocondo, Ehefrau von Francesco del Giocondo, einem reichen Tuchhändler. Der Auftrag kam vermutlich auf Vermitllung von Leonardos Vater zustande, der Francesco del Giocondo kannte. Das Porträt ist heute als Mona Lisa bekannt. Die Abkürzung Mona ist die altiltalienische Version der Anrede 'Meine Dame' (ital. Madonna). 

Im Jahr 2005 durfte der Physiker Pascal Cotte ein neuartiges Verfahren an dem Gemälde ausprobieren, das anhand der zeitlichen Reihenfolge der Farbschichten eine visuelle Rekonstruktion der Entstehungsphasen des Gemäldes ermöglicht. Er konnte auf diese Weise aufzeigen, dass das ursprüngliche Porträt der Lisa del Giocondo mit dem Abbild einer älteren Dame übermalt wurde. Insofern handelte es sich ursprünglich tatsächlich um das Porträt der zum Entstehungszeitpunkt etwa 24-jährigen Lisa del Giocondo, doch hat Leonardo es zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Abbild einer heute unbekannten Dame übermalt, deren Gesichtszüge sich Leonardo vermutlich erdacht hat. 

Mona Lisa – Pascal Cotte: Untersuchungsergebnis des chronologischen Farbauftrags
Mona Lisa, Leonardo da Vinci, Ergebnis der radiologischen Untersuchung durch den französischen Physiker Pascal Cotte.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist dies das ursprüngliche Porträt der Lisa del Giocondo, bevor Leonardo es mit der heute bekannten Mona Lisa übermalte

@Pascal Cotte / Lumiere Technology
Mona Lisa – Leonardo da Vinci
Mona Lisa, 1503-1519, Leonardo da Vinci
Das berühmteste Gemälde der Welt

1504, Tod des Vaters

1504 stirbt Leonardos Vaters in Florenz, unweit des Palazzo Vecchio, wie Leonardo in seinen Notizen vermerkt. In der Folge entsteht mit den jüngeren Geschwistern ein Streit ums Erbe. Da Leonardo aber ein unehelicher Sohn ist, kann er nach damaligen Recht keine Ansprüche geltend machen.

Leonardo war über den Streit sicherlich sehr verbittert, denn als sein Halbbruder Domenico, der Wortführer der Geschwister bei dem Erbstreit, einen Sohn bekommt, gratuliert Leonardo ihm in einem Brief sarkastisch, dass er nun einen Erben habe und schreibt: "trotzdem hast Du Dich gefreut, Dir einen stets wachen Feind geschaffen zu haben, der alles daransetzen wird, seine Freiheit zu bekommen, die er ohne Deinen Tod nicht haben wird".

1505, Flugversuche

Leonardos Fluggeräte zählen zu seinen bekanntesten Erfindungen. Er baute bereits in Mailand Ornithopter (Schwingenflügler), die aber in ihrer Konstruktion mit damaligen Materialien nicht flugfähig waren. In seinen späteren Plänen verwarf Leonardo dieses Konzept und entwickelte Segelgleiter. Spätestens um 1505 gab es einen Flugversuch. Er notierte sich auffallend pathetisch:

"Zum ersten Mal wird der große Vogel sich erheben, vom Rücken des gewaltigen Schwans aus. Erfüllen wird er die ganze Welt mit Staunen und alle Schriften mit seiner glorreichen Tat, zum ewigen Ruhm des Nestes, wo er geboren ward."

Mit dem "Rücken des gewaltigen Schwans" ist der Schwanenberg gemeint ('Monte Ceceri'), ein Hügel bei Florenz, wo sich Leonardo um 1505 aufhielt. Der Hügel fällt zu einer Seite sehr steil ab und eignet sich daher ideal für den Start eines Segelgleiters. Heute befindet sich dort ein Gedenkstein zur Erinnerung an Leonardos Versuche.

Doch der Versuch schlug wohl fehl. Sein langjähriger Mitarbeiter Tommaso Masini, ein Spezialist für Metalle, brach sich einige Knochen, wie Leonardo sich in einem seiner Notizbücher notierte. Es gibt keine Quelle, die von einem erfolgreichen Flugversuch Leonardos berichtet.

Leonardo da Vincis Erfindungen – Zeichnung von der Aufhängung eines Fluggeräts
Ornithopter zur liegenden Bedienung, Leonardo da Vinci, Pariser Manuskripte (Manuskript B, folio 79r)
Leonardos erste Flugmodelle sollten mittels Händen und Füßen ein kräftiges Schwingen der Flügel ermöglichen, was aber aufgrund der dafür notwendigen Kraft und Geschwindigkeit nicht zu erreichen war
Leonardo da Vincis Erfindungen – Zeichnung eines Segelgleiters
Modell eines Segelgleiters, Codex Atlanticus (folio 860)

1506

Mailand, Rückkehr nach Mailand, 54 J.

1506 kehrte Leonardo auf Bitten des französischen Statthalters Charles II. d’Amboise nach Mailand zurück.

Es darf spekuliert werden, dass Leonardo dessen Bitte gerne folgte. Denn der Auftrag für das riesige Wandgemälde in Florenz, die "Schlacht von Anghiari" stellte sich wegen Wandnässe als undurchführbar heraus. Michelangelo, der im selben Saal an der "Schlacht von Cascina" gearbeitet hatte, war bereits im Jahr zuvor vom Papst nach Rom gerufen worden. Auch er war sicher froh, der problematischen Situation der nassen Wände elegant entkommen zu sein. Auch sein Gemälde wurde nie vollendet.

In Mailand war Leonardo für Charles II. d’Amboise, wie auch schon für dessen Vorgänger Ludovico Sforza, als Architekt, Ingenieur und Hofkünstler tätig. 

1506, Trivulzio Reiterdenkmal

Für die neuen französischen Herrscher von Mailand sollte Leonardo erneut ein Reiterdenkmal errichten. Die Statue war anlässlich des Sieges der Franzosen über das Herzogtum Mailand geplant und sollte den siegreichen französischen Heerführer Gian Giacomo Trivulzio zeigen. Die Entwürfe zeigen eine große Ähnlichkeit mit dem Modell der Reiterstatue, das Leonardo für Ludovcio Sforza erstellte. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass wie Leonardo auch an diesem zweiten großen Auftrag zum Bau eines Reiterstandbildes gehindert wurde. Denn bevor die aufwändigen Planungen abgeschlossen wurden, konnte Ludovico Sforzas Sohn Massimiliano 1512 das Herzogtum zurückgewinnen. Daraufhin wurden die Pläne zur Errichtung des Reiterstandbildes nicht weiter verfolgt.

1507, Tod des Onkels Francesco

Leonardo stand sein Onkel Francesco sehr nahe. Der Bruder seines Vaters war nur 17 Jahre älter als er und in seiner Kindheit sicherlich eine seiner Bezugspersonen in Vinci gewesen. Francesco wurde nicht wie die anderen männlichen Vincis Jurist, sondern verwaltete die Güter der Familie in Vinci. Als er 1507 kinderlos starb, begann unter Leonardos Geschwistern erneut ein Streit ums Erbe. Obwohl Francesco in seinem Testament Leonardo ausdrücklich zu seinem Alleinerben gemacht hatte, stellten die Geschwister Forderungen. 

Leonardo musste sich zur rechtlichen Klärung nach Florenz begeben, und es sah so aus, als ob die Geschwister recht bekommen würden. Daher machte Leonardo seinen Einfluss geltend und bat seine französischen Dienstherren ihn zu unterstützen. Daraufhin schrieben der französische Statthalter von Mailand und der König von Frankreich einen freundlich gehalten Brief an die Florentiner Regierung, mit der Bitte, dem Prozess auf die "beste und kürzeste Weise, die nach dem Gesetz möglich ist" ein Ende zu machen und diesen Zwist beenden, da Leonardo wegen seines Dienstes für den König in Mailand unabkömmlich sei. 

Die Bitte der Franzosen war deswegen besonders heikel, weil Frankreich zu der Zeit in Italien militärisch sehr aktiv war. Der französische König Karl XIII. war erst 13 Jahre zuvor auf Florenz marschiert und erst nach einer immensen Goldzahlung weitergezogen. Wohl um diplomatische Verstimmungen zu vermeiden, wurde der Fall dann zu Leonardos Gunsten entschieden. Als ein positiver Nebeneffekt der Briefwechsel bestand die Stadtegierung von Florenz nicht länger darauf, dass Leonardo den immer noch offenen Auftrag zum Wandgemälde "Schlacht von Anghiari" erfüllen musste und das Projekt wurde aufgegeben. 

1510, Bekanntschaft mit Marcantonio della Torre

Leonardos 30 Jahre zuvor entstandenes Gemälde "Der heilige Hieronymus" (1478) zeigt bereits, dass Leonardo anatomische Studien betrieben haben muss. Der Schreiber Antonio de Beatis, der Leonardo 1517 in Frankreich besuchte, zitiert ihn mit den Worten, er habe in seinem Leben insgesamt 30 Menschen seziert.

Anfangs betrieb Leonardo die Studien, um die Menschen in seinen Gemälden möglichst naturgetreu abbilden zu können. So wollte er wissen, welche Muskeln genau sich bei einem Lächeln bewegen, oder welche Muskeln die Schulterpartie bei bestimmten Bewegungen formen. Später begann Leonardo dann weiterzuforschen und z.B. die Körperteile der Leichen zu vergleichen, etwa indem er die Blutgefäße eines Kindes mit denen eines alten Mannes verglich und daraus Schlüsse zog. Leonardo fertigte zu seinen anatomischen Studien stets Zeichnungen an. Seine anatomischen Studien sind deswegen besonders, weil sie zu der Zeit verboten waren. Nur in wenigen seltenen Fällen, durften Leichen im Rahmen der Ausbildung an einer Universität durchgeführt werden.

Etwa um 1510 lernte Leonardo Marcantonio della Torre kennen, ein junger, etwa 30 Jahre alter Professor für Medizin, der an der medizinischen Fakultät der Universitäten in Pavia und Padua lehrte. Leonardo und della Torre planten ein gemeinsames Buch über die menschliche Anatomie zu veröffentlichen. Della Torre sollte die Leichen sezieren und Leonardo die Zeichnungen dazu anfertigen. Es sollte das erste bebilderte Lehrbuch zur menschlichen Anatomie werden. Doch das Vorhaben wurde durch den frühen Tod des Professors vereitelt, der 1511 an der Pest starb.

Leonardo da Vinci – Zeichnung eines Schädels
Zeichnung eines menschlichen Schädels, Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci – Anatomische Zeichnung
Bewegungsstudie zur Muskulatur des Oberarms, Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci - Zeichnung innerer Organe einer Frau
Studie zur weiblichen Anatomie und den inneren Organen, Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci - Zeichnung eines Fötus in einer Gebärmutter
Zeichnung eines Fötus in einer Gebärmutter, Leonardo da Vinci
Die umgebende Gebärmutter ist nicht menschlich, sondern die eines Rindes. Vermutlich hat Leonardo in Ermangelung einer Vorlage improvisiert

1513

Rom, Am päpstlichen Hof, 61 J.

Im Frühjahr 1513 wird mit Leo X. zum ersten Mal ein Mitglied der Medici Familie Papst. Der Bruder des Papstes, Giuliano di Lorenzo de’ Medici, war ein ausgesprochener Kunstmäzen. Als Leonardo angeboten wird, Mitglied des päpstlichen Hofes zu werden, verlässt er Mailand und bricht nach Rom auf.

Leonardo bezog mit seiner Werkstatt und ihren Angehörigen mehrere Räume im Belvedere des Vatikan (heute Vatikanisches Museum), die Giuliano de' Medici extra für ihn herrichten ließ. Zu Leonardos Aktivitäten in Rom ist nur wenig bekannt. Vermutlich war er daran beteiligt, die pontinischen Sümpfe trockenzulegen, um die Malaria zu bekämpfen und Ackerland zu gewinnen. Seine Aufzeichnungen aus dieser Zeit zeigen zahlreiche physikalische Experimente, vor allem zu dem Zusammenhang von Kraft, Geschwindigkeit, Weg und Zeit. Hierfür untersuchte er zum Beispiel schiefe Ebenen, um die Wirkung von Kräften im freien Fall zu untersuchen.

Es sind auch mehrere Briefe an Giuliano de' Medici bekannt, in denen Leonardo sich über die Faulheit angereister deutscher Spiegelmacher beschwert, die ihn bei der Fertigung eines Hohlspiegels zur astronomischen Beobachtung unterstützen sollten. Es ist nicht bekannt, ob das Teleskop trotz der Schwierigkeiten gebaut werden konnte. Es wäre das erste leistungsfähige Teleskop gewesen. Die Pläne zur Herstellung der Spiegel sind erhalten geblieben.

Johannes der Täufer – Leonardo da Vinci
Johannes der Täufer, Leonardo da Vinci, 1513-1519
Leonardos letztes Gemälde zeigt den Schutzpatron von Florenz. Die darin enthaltene Symbolik verweist unter anderem auf den Stolz der Florentiner

Leonardo widmete sich intensiver als je zuvor den Methoden zum Auftrag und der Haltbarmachung von Ölfarben. Wahrscheinlich begann er dort die Arbeiten an seinem letzten Gemälde "Johannes der Täufer". Außerdem entstanden mehrere Skizzenblätter mit sehr dramatischen Darstellungen der Sintflut. Es ist für Leonardo sehr ungewöhnlich dieses spezielle Thema in so kurzer Zeit so häufig zu variieren.

Darstellungen von einer Sintflut, Leonardo da Vinci, nach 1513

1516

Amboise, Maler des Königs, 64 J.

Leonardo verlässt Rom und bricht auf zum Königshof nach Amboise in Nordfrankreich. Das Schloss in Amboise war zu der Zeit der Hauptsitz des französischen Königs Franz I. Der König stellt Leonardo dort das Schloss Clos Lucé zur Verfügung (auch Schloss Cloux genannt) und zahlt ihm und seinen beiden Schülern Francesco Melzi und Salai ein üppiges Gehalt. 

Obwohl Leonardo den Titel "Maler des Königs" trägt, entsprechen seine Aufgaben am Hof seinen weitreichenden Kenntnissen. Er entwarf abermals ein großes Reiterstandbild, das aber nicht mehr realisiert wurde und wirkte als kreativer Kopf für die phantastischen Hoffeste. Weiterhin fungierte er als technischer Berater, kümmerte er sich um ein Kanalisationsprojekt in Sologne und überwachte die Arbeiten an einem königlichen Palast in Romorantin. Außerdem werden die Planungsarbeiten für das berühmte Schloss Chambord mit Leonardo in Verbindung gebracht. Die Bauarbeiten begannen jedoch erst nach Leonardos Tod.

1517 entstand der letzte Zeitzeugenbericht zum lebenden Leonardo. Der Schreiber Antonio de Beatis besuchte Leonardo im Gefolge einer italienischen Delegation, die Europa bereiste. De Beatis berichtet Leonardo wirke greis und könne seinen rechten Arm nicht mehr bewegen. Daraus wird häufig geschlossen Leonardo hätte einen Schlaganfall gehabt und dadurch Lähmungen erlitten. Allerdings war Leonardo Linkshänder und könnte deswegen seinen rechten Arm auffällig wenig bewegt haben. De Beatis erwähnt auch vier Gemälde Leonardos die er dort sah. Vermutlich handelte es sich um "La Belle Ferroniere", "Mona Lisa", die "Anna selbdritt" und "Johannes der Täufer".

Die letzte datierte Notiz Leonardos schreibt er am 24.6.1518, dem Johannistag. Er verließ die Bauarbeiten am königlichen Palast in Romorantin und ginge nun nach Schloß Cloux.

Schloss Chambord – Frontfassade
Schloss Chambord, erbaut zwischen 1519-1547
Das Schloss gilt als das prächtigste Schloss der Renaissance-Architektur in Frankreich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat Leonardo die Pläne dafür entworfen
Schloss Chambord – Treppe
Die zentrale Treppe im Schloss Chambord,
Die Doppelwendeltreppe in der Mitte des Gebäudes war in der damaligen Zeit einzigartig und eine Neuschöpfung Leonardos.

1519

Amboise, Tod Leonardos, 67 J.

Leonardo starb am 02.05.1519 in seinem Schloss Clos Lucé. Über die Todesursache ist nichts bekannt.

Leonardos Beerdigung

Leonardos Tod kam nicht unerwartet, da er einige Wochen zuvor sein Testament gemacht hat. Darin bestimmte er den Ablauf seiner Beerdigung.

  • Leonardo wollte in der Kirche Saint-Florentin in Amboise beerdigt werden. Die Kirche ist benannt nach dem heiligen Florentin. Der Name Florentin leitet sich ab vom lateinischen Verb florens ('blühend'), so wie auch der Name seiner Heimatstadt Florenz 'die Blühende' bedeutet. Das Wappen von Florenz ist eine blühende Lilie
  • in den vier Kirchen des Königssitzes von Amboise sollen vor der Beerdigung drei feierliche und dreißig stille Messen gehalten werden
  • Leonardos Sarg soll dann vom Schloss Clos Lucé zu der Kirche Saint-Florentin von den Kaplänen dieser Kirche getragen werden
  • der Sarg soll begleitet werden von 60 Armen, die je eine große Kerze tragen, sowie von Vertretern der drei anderen Kirchen des Ortes
  • die sechzig Kerzen sollen dann zu gleichen Teilen auf die vier Kirchen des Ortes verteilt werden, also 15 Kerzen je Kirche

Leonardo wurde im Kreuzgang der Kirche Saint-Florentin beigesetzt. Sein Grab wurde in den Hugenottenkriegen (1562-1598) zerstört. Seine Überreste gelten seitdem als verschollen. Die Kirche Saint-Florentin aber ist erhalten geblieben. 

Leonardos Kunstwerke und Gemälde gingen in der Folge in den Besitz des französischen Königs über. Leonardos Manuskripte und Gerätschaften erbte sein langjähriger Schüler Francesco Melzi. Leonardos Vermögen ging an seine Diener, Schüler und Geschwister.

Tod des Leonardo da Vinci – Jean Auguste Dominique Ingres
Der Tod des Leonardo da Vinci, 1818, Jean Auguste Dominique Ingres

Quellen

Frank Zöllner, Leonardo, Taschen (2019)

Martin Kemp, Leonardo, C.H. Beck (2008)

Charles Niccholl, Leonardo da Vinci: Die Biographie, Fischer (2019)

Besonders empfehlenswert

Marianne Schneider, Das große Leonardo Buch – Sein Leben und Werk in Zeugnissen, Selbstzeugnissen und Dokumenten, Schirmer/ Mosel (2019)

Nobody is perfect - das gilt auch für nicofranz.art!

Alle Hinweise zu Fehlern und Korrekturen nehmen wir mit Dank entgegen. Solltest Du inhaltliche Fehler auf dieser Seite finden, lass es uns gerne wissen.