Leonardo da Vinci – Felsgrottenmadonna

Proto­evangelium des Jakobus

Das Protoevangelium des Jakobus (auch „Offenbarung des Jakobus“) ist ein frühchristlicher Text aus der Mitte des 2. Jahrhunderts (um 150 n. Chr.), der nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen wurde. Statt Jesus steht darin die Jungfrau Maria im Mittelpunkt, wodurch der Text vor allem für die Marienverehrung von zentraler Bedeutung wurde.

Die Offenbarung des Jakobus enthält die ausführlichste Darstellung von Marias Leben und bildete die Grundlage zahlreicher mittelalterlicher Legenden. Inhaltlich weicht der Text in vielen Punkten von den neutestamentlichen Erzählungen ab, etwa durch die Darstellung der Geburt Jesu in einer Höhle statt in einem Stall. Der Text hatte einen erheblichen Einfluss auf die Kunst, so ist z.B. Leonardo da Vincis “Felsgrottenmadonna” auf Basis des Textes entstanden. 

Offenbarung des Jakobus im Originaltext

Die vorliegende Übersetzung des Protoevangeliums des Jakobus orientiert sich eng am griechischen Original in der kritischen Ausgabe von Émile de Strycker (La forme la plus ancienne du Protévangile de Jacques, 1961). Sie lehnt sich inhaltlich und sprachlich weitgehend an die deutsche Übersetzung von Silvia Pellegrini (Das Protevangelium des Jakobus, 2011) an, wurde jedoch in einigen Details überarbeitet, um eine möglichst präzise und wortgetreue Wiedergabe des Textes zu gewährleisten.

Um die Lesbarkeit zu verbessern und eine bessere Orientierung zu ermöglichen, wurde der Text in sieben Sinnabschnitte gegliedert. Zudem wurden jedem der 24 Kapitel sowie dem Epilog Überschriften hinzugefügt, die im Originaltext nicht enthalten sind.

Hinweise oder Anmerkungen, die zur weiteren Verbesserung der Übersetzung beitragen, insbesondere im Hinblick auf philologische Genauigkeit oder sprachliche Klarheit, sind willkommen.


 

I Das Leid von Marias Mutter Anna (Kapitel 1-4)

1 Marias Vater Joachim

1 In den Berichten der zwölf Stämme war Joachim sehr reich. Und er brachte dem Herrn seine Gaben doppelt dar, denn er sagte sich: “Der Überschuss meines Besitzes soll für das ganze Volk sein, und das, was dem Herrn, meinem Gott, zur Vergebung dient, zur Versöhnung für mich.” 2 Es nahte der große Tag des Herrn, und die Söhne Israels brachten ihre Gaben dar. Und Ruben stand vor ihm und sprach: “Es ist dir nicht erlaubt, als Erster deine Gaben darzubringen, da du keinen Nachkommen in Israel hervorgebracht hast.” 3 Und Joachim wurde äußerst betrübt, und er ging zum Zwölfstämmeregister des Volkes, sagte sich: "Ich will die Zwölf Stämme Israels betrachten, ob ich allein keinen Nachkommen in Israel hervorgebracht habe." Und er forschte nach und fand, dass alle Gerechten Nachkommenschaft in Israel hervorgebracht hatten, und er erinnerte sich an den Patriarchen Abraham, dass ihm am Ende seiner Tage der Herr, Gott, einen Sohn gegeben hatte, Isaak. 4 Und Joachim war äußerst betrübt, und er zeigte sich nicht seiner Frau, sondern begab sich in die Wüste, und er schlug dort sein Zelt auf, und er fastete vierzig Tage und Nächte, und sagte sich: Ich werde nicht hinabsteigen weder zum Speisen noch zum Trinken, bis der Herr, mein Gott, mich heimsucht, und mein Gebet wird mir Speise und Trank sein.

2 Marias Mutter Anna

1 Seine Frau Anna aber stimmte ein zweifaches Klagelied an und erhob ein zweifaches Wehklagen: "Beklagen will ich meinen Zustand, beklagen meine Kinderlosigkeit." 2 Es nahte der große Tag des Herrn, und Judith, ihre Magd, sagte zu ihr: "Wie lange noch willst du deine Seele bändigen? Siehe, der große Tag des Herrn ist nahe, und es ist dir nicht erlaubt zu trauern. Aber nimm dieses Kopftuch, das mir die Herrin des Hauses gegeben hat. Mir ist es nicht erlaubt, es zu tragen, da ich deine Magd bin und es einen königlichen Charakter hat. 3 Und Anna sagte: "Geh weg von mir, denn dies habe ich nicht getan, und der Herr, Gott, hat mich sehr gedemütigt. Vielleicht hat dir dies ein Betrüger gegeben, und du bist gekommen, um mich an deiner Sünde teilhaben zu lassen." Und Judith, die Magd, sagte: "Was soll ich dir wünschen, da du nicht auf meine Stimme gehört hast? Der Herr, Gott, hat deinen Schoß verschlossen, damit er keine Frucht gebe in Israel." 4 Und Anna war sehr betrübt. Sie legte ihre Trauerkleider ab, wusch ihr Haupt und zog ihre Brautkleider an. Und um die neunte Stunde ging sie hinab in ihren Garten, um umherzugehen, und sie sah einen Lorbeerbaum und setzte sich darunter. Und nachdem sie sich ausgeruht hatte, erhob sie ihre Stimme zum Herrn und sagte: "Der Gott meiner Väter, segne mich und höre mein Gebet, so wie du die Mutter Sara gesegnet hast und ihr einen Sohn, den Isaak, gegeben hast."

3 Annas Klagelied

1 Und Anna blickte zum Himmel, und sie sah ein Nest kleiner Vögel1 im Lorbeerbaum, und sogleich stimmte Anna eine Klage an, indem sie sagte:

"Weh mir! Wer hat mich geboren?
Welcher Schoß hat mich hervorgebracht?
Denn als Fluch wurde ich geboren vor den Söhnen Israels,
und ich wurde beschimpft und verspottet,
und sie haben mich aus dem Tempel des Herrn, meines Gottes, ausgeschlossen.

2 Weh mir! Wem wurde ich gleich?
Ich wurde nicht gleich den Vögeln des Himmels,
denn auch die Vögel des Himmels sind fruchtbar vor dir, Herr.

Weh mir! Wem wurde ich gleich?
Ich wurde nicht gleich den unvernünftigen Tieren,
denn auch die unvernünftigen Tiere sind fruchtbar vor dir, Herr.

Weh mir! Wem wurde ich gleich?
Ich wurde nicht gleich den wilden Tieren der Erde,
denn auch die wilden Tiere der Erde sind fruchtbar vor dir, Herr.

3 Weh mir! Wem wurde ich gleich?
Ich wurde nicht gleich diesen Wassern,
denn auch die Wasser sind fruchtbar vor dir, Herr.

Wehe mir, wem wurde ich gleich?
Denn auch die Erde bringt ihre Früchte hervor zur rechten Zeit und preist dich, Herr"

4 Die Verkündigung Annas

1 Und siehe, ein Engel des Herrn trat hin und sprach: "Anna, Anna, Gott, der Herr, hat dein Gebet erhört. Du wirst empfangen und gebären, und deine Nachkommenschaft wird in der ganzen Welt gepriesen werden." Und Anna sagte: "So wahr Gott der Herr lebt, wenn ich gebäre, sei es einen Sohn oder eine Tochter, werde ich es dem Herrn, meinem Gott, als Geschenk darbringen, und es wird ihm dienen alle Tage seines Lebens." 2 Und siehe, zwei Engel kamen und sagten zu ihr: "Siehe, Joachim, dein Mann, kommt mit seinen Herden." Denn ein Engel des Herrn kam zu Joachim herab und sprach: "Joachim, Joachim, der Herr, Gott, hat dein Gebet erhört. Steig von hier hinab, siehe, deine Frau Anna hat in ihrem Leib empfangen." 3 Und sogleich stieg Joachim hinab und rief die Hirten und sagte zu ihnen: "Bringt mir hierher zehn makellose und fehlerlose Lämmer, und die zehn Lämmer sollen dem Herrn, meinem Gott, gehören. Und bringt mir zwölf junge Kälber, und die zwölf Kälber sollen den Priestern und den Ältesten gehören. Und hundert Ziegenböcke, und die hundert Ziegenböcke sollen dem ganzen Volk gehören. 4 Und siehe, Joachim kam mit seinen Herden, und Anna stand am Tor, und sie sah Joachim kommen mit seinen Herden. Und sogleich lief Anna und fiel ihm um den Hals und sagte: "Nun weiß ich, dass Gott, der Herr, mich sehr gesegnet hat, denn siehe, die Witwe ist keine Witwe mehr. Und die Kinderlose: Siehe, ich habe in meinem Leib empfangen." Und Joachim ruhte am ersten Tag in seinem Haus.

II Geburt und Kindheit Marias (Kapitel 5-7)

5 Die Geburt Marias

1 Am nächsten Tag brachte er seine Gaben dar, während er zu sich selbst sagte: "Wenn Gott der Herr mir gnädig ist, soll er mir das Petalos2 des Priesters erscheinen lassen." Und Joachim brachte seine Gaben dar, und er achtete auf das Petalos des Priesters, bis es auf den Altar des Herrn gelangte. Und er fand keine Sünde in sich und sagte: "Nun weiß ich, dass Gott der Herr mir gnädig ist und mir alle meine Sünden vergeben hat." Und er ging aus dem Tempel des Herrn hinab, gerechtfertigt, und kam in sein Haus. 2 Und es erfüllten sich ihre Monate - ungefähr sechs, aber im siebten Monat gebar Anna. Und sie sagte zur Hebamme: "Was habe ich geboren?" Und die Hebamme sagte: "Ein Mädchen." Und Anna sagte: "Meine Seele wurde an diesem Tag erhoben." Und sie legte sie nieder. Als aber die Tage erfüllt waren3, reinigte Anna sich von ihrer Unreinheit4, und gab dem Kind die Brust, und gab ihr den Namen Maria.

6 Die Reinheit der Maria

1 Und die Tage und Monate vergingen, und das Kind wurde stark. Als sie sechs Monate alt geworden war, stellte ihre Mutter sie auf den Boden, um zu prüfen, ob sie stehen kann. Und nachdem sie sieben Schritte gegangen war, kam sie in den Schoß ihrer Mutter, und ihre Mutter nahm sie auf und sagte: "So wahr der Herr, mein Gott, lebt: Du wirst nicht auf dieser Erde gehen, bis ich dich in den Tempel des Herrn gebracht habe." Und sie machte einen heiligen Bereich in ihrem Schlafgemach, und sie ließ nichts Gemeines oder Unreines hinein. Und sie rief die unbefleckten Töchter der Hebräerinnen, und sie wuschen5 sie [unterhielten sie]. 2 Und es wurde das erste Jahr für das Kind, und Joachim machte ein großes Fest, und er rief die Hohepriester, die Priester, die Schriftgelehrten, die Ältesten und das ganze Volk Israels. Und Joachim brachte das Kind zu den Priestern, und sie segneten es, indem sie sagten: "Der Gott unserer Väter, segne dieses Kind, und gib ihm einen ewigen und berühmten Namen in allen Generationen." Und das ganze Volk sagte: "So sei es. Amen." Und sie brachten sie zu den Hohepriestern, und sie segneten sie, indem sie sagten: "Gott der Höhen, blicke herab auf dieses Kind, und segne es mit dem höchsten Segen, den nichts übertrifft!" 3 Und ihre Mutter nahm sie hinauf zum heiligen Bereich des Schlafgemachs, und sie gab dem Kind die Brust, und Anna stimmte ein Loblied an für den Herrn, ihren Gott:

"Ein heiliges Lied will ich singen dem Herrn, meinem Gott,
der sich mir zuwandte
und der von mir die Schmähung meiner Feinde nahm,
und der Herr, mein Gott, gab mir die Frucht seiner Gerechtigkeit,
die einzig und vielfach ist vor ihm.
Wer wird den Söhnen Rubens verkünden, dass Anna stillt?
Hört, hört, ihr zwölf Stämme Israels: Anna stillt!"

Und sie legte sie zur Ruhe im heiligen Bereich des Schlafgemachs, und sie ging hinaus und diente ihnen. Als das Mahl beendet war, gingen sie fröhlich hinab, und sie priesen den Gott Israels.

7 Die Vorstellung der Maria im Tempel

1 Und dem Kind wurden die Monate hinzugefügt. Und das Kind wurde zweijährig, und Joachim sagte: "Lassen wir sie in den Tempel des Herrn hinaufgehen, damit wir das Versprechen erfüllen, das wir gelobt haben, damit nicht der Herr gegen uns zürnt und unsere Gabe nicht angenommen wird." Und Anna sagte: "Lass uns das dritte Jahr abwarten, damit sie nicht nach Vater oder Mutter verlangt." Und Joachim sagte: "Lass uns abwarten." 2 Und als das Kind drei Jahre alt wurde, sagte Joachim: "Lass uns die Töchter der Hebräerinnen rufen, die Unbefleckten." Und lasst sie jede mit einer brennenden Fackel stehen, damit sie sich nicht nach hinten wendet und ihr Herz sich nicht vom Tempel des Herrn abwendet. Und so verfuhren sie, bis sie in den Tempel des Herrn hinaufgingen. Und der Priester des Herrn nahm sie entgegen, küsste sie, segnete sie und sagte: "Gott der Herr, hat deinen Namen in allen Generationen groß gemacht. Durch dich wird der Herr den Söhnen Israels die Erlösung offenbaren am letzten der Tage." 3 Und er setzte sie auf die dritte Stufe des Altars, und Gott, der Herr, legte Gnade auf sie, und sie tanzte mit ihren Füßen, und das ganze Haus Israels liebte sie.

III Maria und Joseph (Kapitel 8-10)

8 Marias Frauwerdung

1 Und ihre Eltern gingen hinab, staunend und lobpreisend und verherrlichend Gott den Herrn, weil er sich nicht von ihnen abgewandt hat. Maria war aber im Tempel des Herrn, wie eine Taube, die genährt wird, und sie erhielt Nahrung aus der Hand eines Engels. 2 Als sie zwölf Jahre alt geworden war, hielten die Priester einen Rat und sagten: "Siehe, Maria ist zwölf Jahre alt geworden im Tempel des Herrn. Was sollen wir also mit ihr tun, damit sie das Heiligtum Gottes, unseres Herren, nicht verunreinigt." Und die Priester sagten zu ihm: "Du stehst am Altar des Herrn. Geh hinein und bete für sie, und was auch immer der Herr, dein Gott, dir offenbart, das werden wir tun." Der Priester nahm die zwölf Glöckchen 5, ging hinein in das Allerheiligste, und betete für sie. Und siehe, ein Engel des Herrn trat hervor und sagte: "Zacharias, Zacharias, geh hinaus und rufe die Witwer des Volkes zusammen, und lasst sie einen Stab mitbringen, und dem, dem Gott, der Herr, ein Zeichen zeigt, dem wird sie zur Frau." Und die Herolde gingen hinaus in die ganze Umgebung von Judäa, und die Posaune des Herrn ertönte, und siehe, alle liefen herbei.

9 Maria und Joseph

1 Josef, der das Beil weggelegt hatte, ging selbst hinaus, um ihnen entgegenzukommen, und als sie sich versammelt hatten, gingen sie gemeinsam zum Priester, indem sie die Stäbe nahmen. Der Priester nahm die Stäbe von ihnen, ging in den Tempel und betete. Nachdem er das Gebet beendet hatte, nahm er die Stäbe, ging hinaus und gab sie ihnen zurück. Und es war kein Zeichen an ihnen. Den letzten Stab nahm Josef, und siehe, eine Taube kam aus dem Stab hervor und setzte sich auf den Kopf Josefs. Und der Priester sagte: "Josef, Josef, du bist dazu bestimmt worden, die Jungfrau des Herrn zu nehmen und sie für ihn zu bewahren." 2 Und Josef entgegnete und sagte: "Ich habe Söhne und bin ein alter Mann, sie aber ist jung. Vielleicht werde ich zum Gespött für die Söhne Israels." Und der Priester sagte: "Josef, fürchte den Herrn, deinen Gott, und erinnere dich daran, was Gott Dathan, Abiram und Korach getan hat: wie sich die Erde öffnete und alle verschlungen wurden wegen ihres Widerspruchs. Und nun, fürchte dich, Josef, damit dies nicht in deinem Haus geschieht." 3 Und Josef, voller Ehrfurcht, nahm sie zu sich, um sie für ihn [den Herrn] zu bewahren, und er sagte zu ihr: "Maria, ich habe dich aus dem Tempel des Herrn aufgenommen, und nun lasse ich dich in meinem Haus zurück. Denn ich gehe fort, um Gebäude zu errichten. Und ich werde [wieder] zu dir kommen. Der Herr wird dich behüten."

10 Maria webt für den Tempel

1 Es geschah aber, dass die Priester einen Rat hielten und sagten: "Lasst uns einen Vorhang für den Tempel des Herrn machen." Und der Priester sagte: "Ruft mir die unbefleckten Jungfrauen aus dem Stamm Davids! Und die Diener gingen hin, suchten und fanden sieben." Und der Priester erinnerte sich an das Mädchen Maria, dass sie aus dem Stamm Davids war und unbefleckt vor Gott. Und die Diener gingen hin und brachten sie. 2 Und sie brachten sie in den Tempel des Herrn. Und der Priester sagte: "Bringt mir hierher, wer den Goldfaden spinnt, und den unbefleckten [Faden], und den Byssus [feiner Leinen], und die Seide, und den Hyazinth [tiefblauer Edelstein], und den Scharlach [roter Stoff], und das echte Purpur." Und Maria erhielt das echte Purpur und den Scharlach, und sie nahm es und verwahrte es in ihrem Haus. In jener Zeit aber verstummte Zacharias, und an seiner Stelle wurde Samuel eingesetzt, bis Zacharias sprach. Maria aber nahm den Scharlach und spann ihn.

IV Unbefleckte Empfängnis (Kapitel 11-16)

11 Die Verkündigung Mariens

1 Und sie nahm den Krug und ging hinaus, um Wasser zu schöpfen. Und siehe, eine Stimme sprach zu ihr: "Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir. Gesegnet bist du unter den Frauen." Und Maria blickte nach rechts und nach links, um herauszufinden, woher die Stimme gekommen war. Und sie wurde von Furcht ergriffen und ging in ihr Haus. Und nachdem sie den Krug abgestellt hatte, nahm sie das Purpur und setzte sich auf ihren Sitz und spann das Purpur. 2 Und siehe, ein Engel trat vor sie hin und sprach: "Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade gefunden vor dem Herrn aller. Du wirst empfangen aus seinem Wort." Maria aber, als sie es hörte, war innerlich verwirrt und sagte: "Werde ich empfangen vom Herrn, dem lebendigen Gott, wie jede Frau gebiert?" 3 Und siehe, ein Engel trat zu ihr und sagte zu ihr: "Nicht so, Maria! Denn die Kraft Gottes wird dich überschatten. Deshalb wird auch das, was geboren wird, heilig genannt werden, Sohn des Höchsten." Und du wirst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk von ihren Sünden erretten. Und Maria sagte: "Siehe, [ich bin] die Magd des Herrn vor ihm. Möge es mir geschehen nach deinem Wort."

12 Die Schwangerschaft Marias

1 Und sie vollendete den Purpur und den Scharlach und brachte es zum Priester. Und der Priester nahm es, segnete sie und sagte: "Maria, Gott, der Herr, hat deinen Namen groß gemacht, und du wirst gesegnet sein unter allen Geschlechtern der Erde." 2 Und Maria, voller Freude, machte sich auf zu ihrer Verwandten Elisabeth, und sie klopfte an die Tür. Und als Elisabeth es hörte, ließ sie den Scharlach fallen, lief zur Tür und öffnete ihr. Und sie segnete sie und sagte: "Warum wird mir dies zuteil, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, das [Kind] in mir hüpfte und segnete dich." Maria aber dachte über die Geheimnisse nach, die Gabriel, der Engel, gesprochen hatte, und erhob ihre Stimme zum Himmel und sagte: "Wer bin ich, dass, siehe, alle Frauen der Erde mich glücklich preisen?" 3 Und sie verbrachte drei Monate bei Elisabeth, und Tag für Tag nahm ihr Leib zu. Und Maria, voller Furcht, ging in ihr Haus und verbarg sich vor den Söhnen Israels. Sie war jedoch sechzehn Jahre alt, als diese Geheimnisse ihr widerfuhren.

13 Die Zweifel Josephs

1 Und es geschah im fünften Monat, dass Josef von seinen Bauten zurückkehrte und ins Haus eintrat. Und er fand sie schwanger. Da schlug er sich ins Gesicht, warf sich nieder auf den Sack und weinte bitterlich und sagte: "Mit welchem Gesicht soll ich zum Herrn, meinem Gott, aufblicken? Was soll ich für sie beten? Denn als Jungfrau habe ich sie aus dem Tempel des Herrn, meines Gottes, aufgenommen und ich habe sie nicht behütet. Wer hat mich betrogen? Wer hat dieses Böse in meinem Haus getan? Wer hat mir die Jungfrau geraubt und sie beschmutzt? Ist etwa in mir die Geschichte Adams zusammengefasst worden? Denn wie Adam in der Stunde seines Lobpreises war und die Schlange kam und Eva allein fand und sie täuschte und beschmutzte, so ist es auch mir geschehen." 2 Und Josef erhob sich vom Sack, rief sie und sagte zu ihr: "Du Gottgeweihte, was hast du getan? Hast du vergessen den Herrn, deinen Gott? Warum hast du deine Seele erniedrigt, du, die unter den Heiligen der Heiligen aufgewachsen bist und Nahrung aus der Hand eines Engels empfingst?" 3 Und sie weinte bitterlich und sagte: "Aber rein bin ich und und habe keinen Mann erkannt." Und Josef sagte zu ihr: "Woher ist dann dies in deinem Leib?" Und sie sagte: "So wahr der Herr, mein Gott, lebt: Ich weiß nicht, woher dies in mir ist."

14 Der Traum des Joseph

1 Und Josef fürchtete sich sehr und hielt sich von ihr fern, indem er überlegte, was er mit ihr tun sollte. Und Josef sagte: "Wenn ich ihre Sünde verberge, werde ich mich im Widerspruch zum Gesetz des Herrn befinden. Und wenn ich sie den Söhnen Israels offenbare, fürchte ich, dass das, was in ihr ist, vielleicht von einem Engel stammt, und ich werde als jemand dastehen, der unschuldiges Blut dem Todesurteil überliefert. Was soll ich also mit ihr tun? Ich werde sie heimlich von mir entlassen." Und die Nacht überkam ihn. 2 Und siehe, ein Engel des Herrn erschien ihm im Traum und sprach: "Fürchte dich nicht, dieses Kind anzunehmen, denn das, was in ihr ist, ist aus dem Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk von ihren Sünden erretten." Und Josef stand aus dem Schlaf auf und lobte den Gott Israels, der ihm seine Gnade gegeben hatte, und beschützte das Kind [in ihrem Leib].

15 Die Anklage der Priester

1 Da kam der Schriftgelehrte Annas zu ihm und sagte zu ihm: "Josef, warum bist du nicht bei unserer Versammlung erschienen?" Und er sagte zu ihm: "Weil ich einen langen Weg zurückgelegt habe und mich einen Tag lang ausgeruht habe." Da wandte sich Annas ab und sah Maria, die schwanger war. 2 Und der Zeuge [Annas] trat vor den Priester und sagte zu ihm: "Sieh, Josef, für den du Zeugnis abgelegt hast, hat sich sehr weit [vom Gesetz] entfernt." Und der Priester sagte: "Worum geht es?" Und er sagte: "Die Jungfrau, die Josef aus dem Tempel des Herrn aufgenommen hat, verweilte bei ihm, und ihre Hochzeit wurde geheim gehalten und den Söhnen Israels nicht offenbart." Und der Hohepriester sagte zu ihm: "Josef, du hast dies getan?" Und er sagte zu ihm: "Schicke Diener aus, und du wirst die Jungfrau finden, die schwanger ist." Da gingen die Diener hinaus und fanden sie, wie er gesagt hatte. Und sie brachten sie in den Tempel und stellten sie vor das Gericht. 3 Und der Hohepriester sagte zu ihr: "Maria, warum hast du das getan? Warum hast du deine Seele erniedrigt? Hast du den Herrn, deinen Gott, vergessen? Du, die du unter den Heiligen der Heiligen aufgezogen wurdest und Nahrung aus der Hand von Engeln empfangen hast, du, die du seine Hymnen gehört und vor ihm getanzt hast, warum hast du das getan?" Und sie weinte bitterlich und sagte: "So wahr der Herr lebt, ich bin rein vor ihm und erkannte keinen Mann." 4 Und der Hohepriester sagte: "Josef, was hast du getan?" Und Josef sagte: "So wahr der Herr lebt, und auch sein Christus, der Zeuge seiner Wahrheit, dass ich rein von ihr bin." Und der Hohepriester sagte: "Gib kein falsches Zeugnis ab, sondern sprich die Wahrheit. Du hast deine Hochzeit geheim gehalten und den Söhnen Israels nicht offenbart, und du hast dein Haupt nicht unter der mächtigen Hand gebeugt, damit deine Nachkommenschaft gesegnet werde." Und Josef schwieg.

16 Die Prüfung Marias und Josephs

1 Und der Hohepriester sagte: "Gib die Jungfrau zurück, die du aus dem Tempel des Herrn aufgenommen hast." Und nachdem Josef sehr traurig geworden war, sagte der Hohepriester: "Trinkt das Prüfungswasser6 des Herrn, und euer Vergehen wird vor euren Augen offenbart werden." 2 Und der Hohepriester ließ Josef trinken und ließ ihn in die Wüste schicken, und es erfüllte sich. Und er ließ auch die Jungfrau trinken und schickte sie in die Wüste, und es erfüllte sich. Und das ganze Volk staunte, dass keine Sünde offenbart wurde. 3 Und der Hohepriester sagte: "Wenn Gott, der Herr, eure Sünde nicht offenbart hat, dann werde auch ich euch nicht richten." Und er entließ sie. Und Josef nahm Maria zu sich und ließ sie in seinem Haus wohnen, frohen Herzens lobpreisend den Gott Israels."

V Die jungfräuliche Geburt (Kapitel 17-20)

17 Die Wehen der Maria

1 Und es erging ein Befehl von Kaiser Augustus, dass alle, die in Bethlehem von Judäa sind, sich registrieren lassen. Und Josef sagte: "Ich werde meine Söhne registrieren lassen, aber was soll ich mit diesem Mädchen tun? Wie soll ich sie registrieren?" Ich schäme mich, sie als meine Frau zu bezeichnen. Jedoch wissen die Söhne Israels, dass sie nicht meine Tochter ist. Der Tag des Herrn wird es tun, wie er will." 2 Und er sattelte den Esel, setzte sie darauf, und sein Sohn zog sie, während Samuel folgte. Und sie näherten sich dem dritten Meilenstein. Und Josef wandte sich um und sah, dass sie düster aussah, und sagte sich: "Vielleicht bedrückt sie das, was in ihr ist." Und Josef wandte sich erneut um und sah, dass sie lachte, und er sagte zu ihr: "Maria, was ist mit dir los, dass ich dein Gesicht manchmal lachend und manchmal düster sehe?" Und sie sagte zu ihm: "Josef, ich sehe mit meinen Augen zwei Völker: eines, das weint und klagt, und eines, das sich freut und jubelt." 3 Und als sie unterwegs waren, sagte Maria zu ihm: "Josef, lass mich vom Esel absteigen, denn das, was in mir ist, drängt mich, herauszukommen." Und er ließ sie dort absteigen und sagte zu ihr: "Wo soll ich dich hinbringen und deine Blöße bedecken, denn dieser Ort ist menschenleer."

18 Die Vision des Joseph

1 Und sie fanden dort eine Höhle, und er brachte sie hinein. Und er stellte ihr seine Söhne zur Seite und ging hinaus, um eine hebräische Hebamme im Gebiet von Bethlehem zu suchen. 2 Ich aber, Josef, ging umher, und doch ging ich nicht umher. Und ich hob meinen Blick zum Himmel empor und sah, dass er stillstand. Und ich blickte in die Luft und sah, dass sie aufgewühlt war, und die Vögel des Himmels verharrten unbeweglich. Und ich blickte auf die Erde und sah eine Schaufel liegen und Arbeiter, die daneben ruhten. Ihre Hände waren an der Schaufel, doch die Grabenden gruben nicht, und die Tragenden trugen nicht, und die, die etwas zu ihrem Mund brachten, brachten es nicht zu Ende. Vielmehr blickten alle mit ihren Gesichtern nach oben. 3 Und ich sah Schafe, die getrieben wurden, aber die Schafe standen still. Und der Hirte hob seine Hand, um sie zu schlagen, doch seine Hand blieb erhoben. Und ich blickte auf den Bach des Flusses und sah Böcke, deren Mäuler über dem Wasser ruhten, aber sie tranken nicht. Und alles bewegte sich auf seinem Weg und wurde fortgetrieben.

19 Die Geburt der Maria

1 Und ich sah eine Frau, die aus dem Gebirge herabstieg, und sie sagte zu mir: "Mensch, wohin gehst du?" Und ich sagte: "Ich suche eine hebräische Hebamme." Und sie antwortete mir und sagte: "Bist du aus Israel?" Und ich sagte zu ihr: "Ja." Und sie sagte: "Wer ist diejenige, die in der Höhle gebiert?" Und ich sagte: "Meine Verlobte." Und sie sagte zu mir: "Ist sie nicht deine Frau?" Und ich sagte zu ihr: "Maria ist die, die im Tempel des Herrn aufgewachsen ist, und ich habe sie mir zur Frau erlost. Doch sie ist nicht meine Frau, sondern sie hat eine Empfängnis durch den Heiligen Geist." Und die Hebamme sagte: "Ist das wahr?" Und er sagte zu ihr: "Komm und sieh." 2 Und sie ging mit ihm, und sie standen an dem Ort der Höhle. Und siehe, eine dunkle Wolke überschattete die Höhle. Und die Hebamme sagte: "Erhoben wurde heute meine Seele, meine Augen haben Wunderbares gesehen, denn es geschah die Rettung Israels." Und sogleich entfernte sich die Wolke von der Höhle, und ein großes Licht erschien in der Höhle, sodass die Augen es nicht ertragen konnten. Und nach einer kurzen Weile zog sich dieses Licht zurück, bis ein Säugling sichtbar wurde. Und er kam und nahm Milch von seiner Mutter Maria. Und die Hebamme rief aus und sagte: "Wie bedeutend ist der heutige Tag für mich, denn ich habe dieses neue Wunder erblickt!" 3 Und die Hebamme ging aus der Höhle hinaus, und Salome begegnete ihr. Und sie sagte zu ihr: "Salome, Salome, ich habe ein neues Wunder, das ich dir verkünden kann: Eine Jungfrau hat geboren, was ihrer Natur nach unmöglich ist." Und Salome sagte: "So wahr der Herr, mein Gott, lebt: Wenn ich nicht meinen Finger hineinlege und ihre Natur prüfe, werde ich keineswegs glauben, dass eine Jungfrau geboren hat."

20 Prüfung der Jungfräulichkeit Marias

1 Und die Hebamme trat ein und sagte: "Maria, bereite dich vor, denn kein kleiner Streit steht bevor, der dich betrifft." Und Maria, die dies hörte, bereitete sich vor. Und Salome legte ihren Finger in ihre Natur, und Salome schrie laut auf und sagte: "Wehe über meinen Frevel und meinem Unglauben, denn ich habe den lebendigen Gott auf die Probe gestellt. Und siehe, meine Hand fällt in Flammen von mir ab." 2 Und Salome beugte ihre Knie vor dem Herrn und sagte: "O Gott meiner Väter, gedenke meiner, denn ich bin Nachkomme Abrahams, Isaaks und Jakobs. Stelle mich nicht als Warnung vor den Söhnen Israels, sondern gib mich den Armen zurück. Denn du weißt, Herr, dass ich in deinem Namen Heilungen vollbrachte und meinen Lohn von dir empfing." 3 Und siehe, ein Engel des Herrn trat hervor und sagte zu ihr: "Salome, Salome, der Herr über alles hat dein Gebet erhört. Lege deine Hand auf das Kind und trage es, und dir wird Heilung und Freude zuteil werden." 4 Und voller Freude näherte sich Salome dem Kind, nahm es in ihre Arme und sagte: "Huldigen will ich ihm, denn dieser wurde geboren als König von Israel." Und sogleich wurde Salome geheilt. Und sie ging gerechtfertigt aus der Höhle hinaus. Und siehe, eine Stimme sprach: "Salome, Salome, verkünde nicht, was du Wunderbares gesehen hast, bis das Kind nach Jerusalem kommt."

VI Die Verfolgung durch Herodes (Kapitel 21-24)

21 Anbetung der Magier

1 Und siehe, Josef bereitete sich vor, nach Judäa hinauszugehen, und ein großer Aufruhr entstand in Bethlehem von Judäa. Denn es kamen Magier und sagten: "Wo ist der König der Juden? Denn wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen." 2 Und Herodes, der dies hörte, geriet in Aufregung und sandte Diener zu den Magiern. Und er ließ auch die Hohepriester zu sich rufen und befragte sie im Prätorium8, indem er zu ihnen sagte: "Wie steht es geschrieben über den Christus? Wo wird er geboren?" Sie sagten zu ihm: "In Bethlehem von Judäa, denn so steht es geschrieben." Und er entließ sie. Und er befragte die Magier, indem er zu ihnen sagte: "Welches Zeichen habt ihr bei dem geborenen König gesehen?" Und die Magier sagten: "Wir sahen einen überaus großen Stern, der unter diesen Sternen leuchtete und sie verdunkelte, sodass die Sterne nicht sichtbar waren. Und so erkannten wir, dass ein König in Israel geboren wurde, und wir sind gekommen, um ihm zu huldigen." Und Herodes sagte zu ihnen: "Geht hin und sucht, und wenn ihr ihn findet, berichtet es mir, damit auch ich komme und ihm huldige." 3 Und die Magier gingen hinaus, und siehe, der Stern, den sie im Osten gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis sie in die Höhle eintraten, und er blieb über der Spitze der Höhle stehen. Und als die Magier das Kind mit seiner Mutter Maria sahen, nahmen sie Geschenke aus ihren Taschen hervor: Gold, Weihrauch und Myrrhe. 4 Und nachdem sie durch einen Engel gewarnt worden waren, nicht nach Judäa zurückzukehren, gingen sie auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

22 Der Kindermord von Bethlehem

1 Als Herodes erkannte, dass er von den Magiern hintergangen worden war, wurde er zornig und sandte seine Mörder aus, indem er ihnen sagte: "Tötet alle Kinder im Alter von zwei Jahren und darunter." 2 Und als Maria hörte, dass die Kinder getötet werden, fürchtete sie sich, nahm das Kind, wickelte es in Windeln und legte es in eine Ochsenkrippe. 3 Und Elisabet, als sie hörte, dass Johannes gesucht wird, nahm ihn und ging hinauf ins Bergland. Und sie schaute sich um, wo sie ihn verstecken könnte, aber es gab keinen Ort, der verborgen war. Da seufzte Elisabet und sagte: "Berg Gottes, nimm mich auf als Mutter mit meinem Kind", denn Elisabet konnte nicht hinaufsteigen wegen ihrer Angst. Und sogleich spaltete sich der Berg und nahm sie auf. Und jener Berg war ihnen von göttlichem Licht erfüllt, denn ein Engel des Herrn war mit ihnen und beschützte sie.

23 Der Widerstand des Zacharias

1 Herodes suchte nach Johannes und sandte Diener zum Altar zu Zacharias, und sagte: "Wo hast du deinen Sohn versteckt?" Doch er antwortete ihnen und sagte: "Ich bin Diener Gottes und verrichte den Dienst in seinem Tempel. Was weiß ich, wo mein Sohn ist?" 2 Und seine Diener gingen fort und berichteten ihm [Herodes] all dies. Und Herodes, der zornig wurde, sagte: "Sein Sohn wird über Israel herrschen." Und er sandte erneut die Diener und sagte zu ihm: "Sag mir die Wahrheit: Wo ist dein Sohn? Du weißt, dass dein Leben in meiner Hand ist." Und die Diener gingen fort und berichteten ihm [Zacharias] dies. 3 Und er antwortete und sagte: "Ich bin ein Zeuge Gottes. Nimm mein Blut, doch meinen Geist nimmt der Herr auf, denn du vergießt unschuldiges Blut vor den Türen des Tempels des Herrn." Und während des Wunders9 wurde Zacharias ermordet, und die Söhne Israels wussten nicht, dass er ermordet wurde.

24 Die Entdeckung des Mordes, aber das Fehlen der Leiche

1 Doch zur Stunde des Segens gingen die Priester hinaus, und der Segen des Zacharias kam ihnen nicht wie üblich entgegen. Und die Priester standen da, und warteten auf Zacharias, dass er sie im Gebet begrüße und den höchsten Gott lobe. 2 Doch als er sich verzögerte, fürchteten sich alle. Und einer von ihnen wagte es, in das Heiligtum einzutreten, und sah neben dem Altar des Herrn vergossenes Blut und eine Stimme, die sprach: "Zacharias ist ermordet worden, und sein Blut wird nicht ausgelöscht werden, bis der Rächer kommt." Und als er diese Worte hörte, fürchtete er sich und ging hinaus und berichtete den Priestern, was er gesehen und gehört hatte. 3 Und sie wagten es, einzutreten, und sahen, was geschehen war. Und die Vorhänge des Tempels waren zerrissen, von oben bis unten. Aber seinen Leichnam fanden sie nicht, sondern sie fanden sein Blut, das zu einem Stein geworden war. Und voller Furcht gingen sie hinaus und berichteten, dass Zacharias ermordet worden war. Und alle Stämme des Volkes hörten davon, und sie trauerten um ihn und beweinten ihn drei Tage und drei Nächte. 4 Nach den drei Tagen berieten sich die Priester, wen sie an die Stelle des Zacharias einsetzen sollten. Und das Los fiel auf Simeon, denn dieser war es, der durch den Heiligen Geist angewiesen worden war, den Tod nicht zu sehen, bis er den Christus in Fleisch gesehen hätte.

VII Epilog (Kapitel 25)

1 Ich aber, Jakobus, der diese Geschichte geschrieben hat, war in Jerusalem, als es einen Aufruhr gab, nachdem Herodes gestorben war, und zog mich in die Wüste zurück, bis der Aufruhr Jerusalems vorüber war. Ich werde den Herrn preisen, der mir die Weisheit gegeben hat, diese Geschichte zu schreiben. 2 Und die Gnade sei mit allen, die den Herrn fürchten. Amen.


1 Im Original heißt es strouthôn (“kleiner Vogel”). Der Begriff wird häufig mit “Spatz” oder “Sperling” übersetzt, meint aber ganz allgemein jede Art kleiner Vögel, z.b. Kohlmeise, Blaumeise oder Rotkehlchen

2 Das “Petalos” (hebr. "Tzitz") war eine goldene Stirnplatte jüdischer Priester, die auf einem Turban befestigt wurde und nur zu besonderen Anlässen getragen wurde. Es trug die Inschrift “Heilig dem Herrn” (Ex 28:36–38). Joachim achtet darauf, ob der Priester das Petalos trägt, da dies ein sichtbares Zeichen dafür wäre, dass sein Opfer von Gott angenommen wird. Der Text impliziert, dass das Petalos nicht bei jeder Opferhandlung verwendet wurde, sondern nur bei wichtigen oder besonderen Gelegenheiten

3 "Erfüllung der Tage" bezieht sich auf die 40-tägige Zeitspanne der rituellen Reinigung nach der Geburt, wie in der jüdischen Gesetzgebung vorgeschrieben (Lev 12:2-4)

4 “Aphedros” im griechischen, bezieht sich auf die antike Vorstellung von ritueller Unreinheit durch Geburt oder Menstruation

5 "Diaplainô" im klassischen Griechisch bedeutet wörtlich "formen", "bilden" oder “gestalten". In einigen Texten, insbesondere in rituellen oder praktischen Kontexten, wird es auch als "reinigen" oder "waschen" verstanden, da Reinigung oft Teil des Formens und Pflegens ist. Der unmittelbare Kontext deutet auch hier darauf hin, dass Reinheit und Pflege (sowohl körperlich als auch rituell) im Vordergrund stehen, weshalb "waschen" eine sinnvolle Übersetzung darstellt. "Unterhalten" könnte jedoch gewählt werden, wenn der soziale oder erzieherische Aspekt betont werden soll

6 die zwölf Glöckchen beziehen sich auf das priesterliche Gewand an dem sie der jüdischen Tradition nach befestigt wurden (z.B. Ex 28:33-35)

7 “Prüfungswasser” bezeichnet ein Ritual aus der antiken israelitischen Praxis zur Überprüfung von Ehebruch (Ex 5:11–31). Die verdächtigte Frau musste ein speziell zubereitetes Wasser trinken. Traten eine Schwellung des Bauches oder eine Erschlaffung der Schenkel auf, galt dies als göttliches Urteil über ihre Schuld. Anders als im Protoevangelium des Jakobus dargestellt, bezog sich das Ritual ausschließlich auf Frauen und war nicht mit einem Verweis in die Wüste verbunden

8 Prätorium war im antiken Rom der Amtssitz eines Statthalters, ein militärisches Hauptquartier oder der Ort, an dem hohe römische Beamte Recht sprachen

9 es ist unklar um welches Wunder es sich handelt. Im Kontext ist es wahrscheinlich, dass es sich um das zuvor erwähnte Wunder des gespaltenen Berges handelt, der Zacharias Sohn Johannes und Elisabet aufnahm

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