Die 12 Jünger Jesu sind in vier Gruppen zu je drei Personen angeordnet. Jesus befindet sich in der Bildmitte. Kopf und Hände spannen ein gleichseitiges Dreieck auf. Leonardo verweist so auf Mathematik und Geometrie: die Zahl 12 ergibt sich aus = 2 Seiten (links und rechts) * jeweils 2 Gruppen * je 3 Personen pro Gruppe.
Das gleichseitige Dreieck um Jesus wird als besonders harmonisch empfunden. Obwohl die Seiten des Dreiecks durch Kopf und Arme des Jesus mehr oder weniger präzise bestimmt sind, ist die Postion der Dreiecksbasis unklar. Sie kann an der oberen Tischkante entlangführen. Oder aber von den Händen des Jesus bestimmt werden (Mouseover). Dann wäre das gleichseitige Dreieck das zweidimensionale Abbild eines in den Raum gerichteten, dreidimensionalen Dreiecks, dessen Basis bei den Händen des Jesus liegt und dessen Spitze sich am Türrahmen der hinteren Wand befindet. Dass zweidimensionale geometrische Figuren die Umrisse einer dreidimensionalen Figur sind, beschreibt Platon in seinem "Höhlengleichnis". In einem berühmten zeitgenössischen Wandgemälde Raffaels wurde Leonardo als Platon dargestellt ("Schule von Athen", s. unten). Es befindet sich im Vatikan, in den ehemaligen Privaträumen des Papstes
Das Gemälde lässt sich in 12 gleich große Quadrate einteilen, denn es ist im Seitenverhältnis von 4:3 angelegt. Besondere Beachtung verdient dabei die auffällige Markierung am rechten unteren Bildrand (unterer hellblauer Punkt). Ihr oberes Ende markiert die untere Grenze des Rasters aus 3 mal 4 Quadraten, dem Seitenverhältnis des Gemäldes. Innerhalb des umgebenden Quadranten ist sie genauso weit entfernt vom Seitenrand, wie eine optisch sehr ähnliche Struktur links oberhalb der Tür (blaue Linien, s. „Detailansichten“).
Oft wird übersehen, dass die drei Lünetten oberhalb des Gemäldes ebenso zum Werk gehören (gelbe Fläche). Sie zeigen die Wappen der Familie des auftraggebenden Herzogs von Mailand.
Die Ecken der Innenwände des Abendmahlraums teilen das Werk horizontal in drei gleich große Abschnitte (Mouseover). Das dadurch entstehende T-förmige Muster (gelbe Fläche) ist im Christentum als Tau-Kreuz bzw. Antoniuskreuz bekannt. Es spielt auf das gleich große Kreuzigungsgemälde auf der gegenüberliegenden Raumseite an, in dem Jesus und die zwei Schächer an eben solch ein Antoniuskreuz geschlagen wurden (Untere Abbildung)
Die oberen drei Lünetten sind im Verhältnis 2:3 angelegt (schwarze und weiße Linien oben). Es entstehen sieben gleich große Einheiten. Der Fluchtpunkt der Perspektivlinien liegt in der rechten Schläfe des Jesus, nicht im Auge, wie oft behauptet wird (gelbe Linien). An der Stelle befindet sich noch die Spur eines Nagels, den Leonardo nutzte, um die Fäden zu spannen. Die Perspektivlinien der Fenster sind als einzige nicht achsensymetrisch (orange Linien). Ihr Winkel beträgt 15° und 4°, Leonardo wurde am 15.04. geboren.
Brunelleschi starb am 15.4.(1446), wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Datum später auf Leonardos Geburtstag gelegt wurde, um symbolisch die Kontinuität der Schaffenskraft der Florentiner zu betonen. Der berühmte Florentiner Architekt und Ingenieur Filippo Brunelleschi hat Leonardo in vielerlei Hinsicht beeinflusst. Unter anderem konstruierte er die für viele Jahrhunderte größte Kuppel der Welt für die Kathedrale von Florenz. An den Abschlussarbeiten war Leonardo vermutlich als Schüler seines Lehrers Verrocchio beteiligt, der die vergoldete Bronzekugel auf der Kuppel anfertigte.
Die unteren Perspektivlinien teilen den unteren Bildrand in sieben gleich große Abschnitte (schwarze und weiße Linien). Bei Mouseover sind die Ursprünge der Perspektivlinien besser zu erkennen. Die untere Tür wurde 1652 eingezogen, das Gemälde dabei in Teilen zerstört. Dadurch sind zwei der sechs Verzierungslinien am Boden nicht mehr zu erkennen, sie sind aber aus frühen Kopien bekannt.
Gezeigt wird die Rekonstruktion des Bildraums. Der Raum ist doppelt so lang, wie er breit ist. Die Fenster der hinteren Wand werden durch die Horizontlinie in zwei Quadrate geteilt. Die Tür wird vom Horizont der Höhe nach im goldenen Schnitt geteilt. An der Decke befinden sich Holzbalken, die 72 Quadrate formen. Das spielt auf die Aussendung der 72 Jünger durch Jesus an (lk 10,1). Sie sind angeordnet in zwölfmal sechs Reihen.
Leonardo hat auch bei der Gestaltung der Seitenwände auf harmonische Proportionen geachtet. Die Fensterreihen auf der linken Seite liegen höher, als auf der rechten. Die markanten dunklen Flächen sind Wandbehänge. Deren obere Kante ist von der oberen Kante der Fenster auf der rechten Seite doppelt soweit entfernt, wie auf der linken Seite (schwarze und weiße Kacheln). Die unteren Kanten der Fenster sind durch die Figuren verdeckt, doch hinsichtlich der Fenster der hinteren Wand kann angenommen werden, dass auch sie ein Quadrat als Grundform haben (gelbe Rahmen). Aus dem stetigen Muster der Vierteilung lässt sich auch die Höhe der Wandbehänge schlussfolgern.
Ebenfalls viergeteilt ist das Tischtuch. Es ist horizontal durch 16 Falten unterteilt (schwarze und weiße Kacheln). Der Abstand der Falten entspricht ziemlich genau der Höhe des Tischtuchs. Die Breite des Tischtuchs entspricht vier Abständen der Falten. Das Tischtuch kann so auch als 16 Würfel in vier hintereinander liegenden Reihen betrachtet werden.
Insgesamt entsteht der Eindruck Leonardo möchte von den vertikal viergliedrigen Fensterreihen (1D) über die zweidimensionalen Wandflächen das dreidimensionale Tischtuch betonen. Werden die Quadrate der Fensterreihen (4*6), die viergeteilten blauen Flächen der Seitenwände (4*8) und die Würfel des Tischtuchs addiert, ergibt sich erneut 72.
Die schematische Rekonstruktion des Bildraums.
Das Leonardo den Jesus vor der Tür platziert, spielt auf ein Gleichnis im Neuen Testament an: „Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein und aus gehen und Weide finden.“ (Joh 10,9)
Daneben gibt es weitere geometrische Zusammenhänge. Wird der Rundbogen über der Tür ausgeführt, befindet sich der Mittelpunkt im Fluchtpunkt (gelber Punkt). Dieser Kreis tangiert exakt das linke und rechte Fenster, sowie die untere Kante der Tür (gelber Kreis). Auch teilt er die dahinterliegende Wand der Höhe nach in drei gleich große Teile (weiße Linien).
Der äußere Rahmen der Tür ist im Seitenverhältnis von 3:4 angelegt und wird der Höhe nach im goldenen Schnitt geteilt. Der innere Rahmen der Tür ist ein goldenes Rechteck, d.h. Breite und Höhe stehen im Verhältnis des goldenen Schnitts. Zudem teilt die Horizontlinie den inneren Rahmen des goldenen Rechtecks der Höhe nach in drei gleich hohe Teile (weiße vertikale Linie). Die geometrische Konstruktion ist bereits hier außergewöhnlich kunstvoll.
Der universale Geist Leonardos zeigt sich hier besonders klar. Die obere Kante der Tür teilt die dahinterliegende Wand genau auf halber Höhe (mittlere weiße Horizontale). Die dreigeteilte Höhe des inneren Türrahmens kann entlang der weißen Horizontale nach oben gespiegelt werden. Die Höhe der hinteren Wand wird nun von insgesamt sechs gleich langen Strecken unterteilt (schwarze und weiße Punkte). Zwischen der horizontalen Spiegelachse und dem oberen Ende des Zierbogens kann die Strecke genau mittig geteilt werden (blauer Punkt) und noch ein weiteres Mal zwischen dem unterem Ende des Zierbogens und der Spiegelachse (orangener Punkt). So lassen sich neun Punkte ausmachen, die mit Blick auf den Bogen um die Tür (gelber äußerer Kreis) als Radien um den Fluchtpunkt aufgefasst werden können (schwarze Kreise).
Es entsteht der Eindruck einer astronomischen Skizze. Diese Vermutung wird verstärkt durch den äußeren Kreis, dem nach links und rechts etwa 10% zum Wandende fehlen (blaue Flächen). Zehn Prozent entspricht der durchschnittlichen Abweichung von sonnenfernster und sonnennächster Entfernung der Planeten unseres Sonnensystems. Die Planetenbahnen sind daher nicht kreisförmig, sondern elliptisch (Mouseover). Leonardo zeichnet sechs Kreise. Bis 1781 waren seit der Antike nur die ersten sechs inneren und mit bloßem Auge erkennbaren Planeten bekannt, bis dank leistungsfähigerer Teleskope die heute bekannten acht Planeten entdeckt wurden. Leonardo entwickelte 100 Jahre vor Galileo Galilei ein Spiegelteleskop, das im Durchmesser mehrere Meter groß, spätestens ab 1513 in Rom gebaut, jedoch nicht vollendet wurde. Es ist unklar, ob Leonardo einen kleineren Prototypen besaß, der ihm damals neuartige Himmelsbeobachtungen ermöglichte
Die astronomische Skizze aus VII kann durch Absenkung des Bodens nach unten erweitert werden, um die in VII verdeckten unteren Enden der Kreise zu erkennen. Dabei kommt es erstaunlicherweise zu genauen Überlagerungen der zwei Ebenen im Bodenbereich (blaue und gelbe Linie am Boden). Wird der Raum der Tiefe nach in vier gleich große Abschnitte geteilt – pro Seitenwand gibt es vier markante Wandbehänge – fällt auf, dass die zwei teilweise verdeckten Kreise aus VII exakt auf den Abschnitten des viergeteilten Boden aufsetzen (untere Kante der blauen und gelben Kreise). Allerdings sind zwei dieser Linien nicht besetzt.
Dazu können zwei weitere Kreise sinnvoll ergänzt werden. Ein erster direkt im Vordergrund. Seine Unterkante ist definiert durch die Einteilung des Bodens in Viertel. Die Oberkante des Kreises grenzt genau an der Linie der Mitte des Bildraums (gelbe Linie oben). Die Unterkante eines weiteren Kreises ist auch hier definiert durch die Einteilung des Bodens in Viertel (unterer oranger Punkt). Der Radius dieses Kreises wird bestätigt durch einen zweiten Punkt, der bereits aus I bekannt ist. Eine seltsame Form links über der Tür, die sich auch im rechten unteren Vordergrund des Gemäldes wiederholt. Dass dieser Punkt mit Bedacht gewählt worden ist, zeigt sich, wenn man die Punkte des 5., 6. und 7. Rings miteinander verbindet (Mouseover). Es entsteht ein Dreieck mit den Innenwinkeln von 108°, 54° und 18°. Die Zahlen sind zunächst harmonisch: 108°:2 = 54° und 54°:3 = 18°. Zugleich stehen alle drei Winkel mit dem regelmäßigen 5-Eck in Verbindung. Leonardo hat so in meisterhafter Art acht Kreise konstruiert. Das ist umso bemerkenswerter, da dies verschiedene Dimensionen verbindet (1D, 2D und 3D).
Wenn der Boden abgesenkt wurde, könnte die Decke ebenso angehoben werden. Wird sie um die Höhe des Tischtuchs angehoben, verändern die halben Seitenwände und die hintere Wand ihr Seitenverhältnis in harmonische 4:3 (blaue und gelbe Flächen). Die Seitenwände insgesamt sind nun 3:8 hoch, also Fibonacci Zahlen und somit nahe am goldenen Schnitt (orange Linien). Alle Wände des Raums sind nun in einem harmonischen Maß. Die hintere Wand hat zudem dasselbe Seitenverhältnis wie das Gemälde selbst. Leonardo hat insgesamt an exakt zwei Wandgemälden gearbeitet. Neben dem Abendmahl an der Schlacht von Anghiari. Auch dieses Werk war auf 4:3 angelegt und sollte ebenso riesige Dimensionen haben wie das Abendmahl. Wird die Form der Dekoration der Seitenwände herangezogen, ergibt sich vor allem durch die Wandbehänge der Eindruck einer Galerie mit freien Wandflächen. Wenn Leonardo die hintere Wand passend zum Abendmahl konstruiert hat, liegt der Gedanke nah auch seine anderen zweifelsfrei echten Gemälde einzupassen. Ordnet man diese nach dem Datum der Entstehung an, fällt auf, dass das Abendmahl auch chronologisch das zentrale Werk ist. Zudem ergibt sich ein Muster in den Größenverhältnissen. Einem großen Werk folgten zwei kleine. Alle Gemälde sind in ihrem originalen Größenverhältnis dargestellt, ausgehend vom Abendmahl als größtem Werk. Links und rechts vom Abendmahl werden insgesamt sechs Gemälde gezeigt. Zwei unvollendete Werke passen noch nicht ins Bild, der heilige Hieronymus und die Anbetung der Könige (Mouseover). Die Schlacht von Anghiari wurde vermutlich unvollendet zugemauert und ist seither verschollen. Jedoch blieb eine Studie erhalten.
Das große Finale, Coming Soon